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oerttel.net

Der User als Störfaktor?

Veröffentlicht am 10.07.2015

IT-Stellen sind Dienstleister, die die Funktion der Technik im Haus sicherstellen sollen. Leider gibt es nach meiner Erfahrung darunter etliche, die »gerade mal so lauffähig« für das Optimum ihrer Aufgabe halten.

!Neulich im PowerPoint-Kurs: Als ich empfahl, zum Vorführen eine Fernbedienung zu benutzen, intervenierte eine Teilnehmerin: »Das geht bei uns nicht, da sind aus Datenschutzgründen alle USB-Anschlüsse gesperrt.« Datenschutz gegen Funkmäuse – interessant!

Neulich im Formular-Kurs: Als ich konstatierte, dass sinnvolle Formulargestaltung für von Externen auszufüllende Formulare den Einsatz von Acrobat Professionell bedingt, intervenierte ein Teilnehmer: »Das geht bei uns nicht, wir haben nur eine Handvoll Lizenzen, da muss notfalls die Webredaktion die Word-Vordrucke in PDF umsetzen.« Webredaktion als Konvertierungsknecht – interessant!

Neulich im Grafik-Kurs: Als ich schlechte Fotos auf Webseiten anprangerte und fragte, warum nicht mit simpler Grafikbearbeitung die schlimmsten Klopse vermieden werden, intervenierte eine Teilnehmerin: »Das geht bei uns nicht, als einziges Grafikprogramm ist Photoshop zugelassen und das ist zu teuer, um alle in Frage kommenden Arbeitsplätze damit auszustatten, von der aufwendigen Schulung ganz abgesehen.« Schwer erlernbare Hochpreistechnik statt für den Standardgebrauch geeignete Billigsoftware – interessant!

Neulich (also von der Erstellung dieses Beitrags her gesehen) vor einem Vortrag: Als das vom Veranstalter zur Verfügung gestellte Notebook meine .pptx ablehnte, kommentierte der veranstaltende Bezirks-IT-Leiter: »Office 2007 oder höher ist ja auch nicht Standard in der Berliner Verwaltung.« [1] Meinen Hinweis auf das Kompatibilitätspaket von Microsoft wehrte er mit Kostengründen ab. Kostengründe bei einer kostenlosen Software – interessant! 

In derselben Veranstaltung etwas später, als ich auf das vorgenannte »Argument« einging und darauf verwies, dass das Tool von Microsoft tatsächlich kostenlos zur Verfügung gestellt wird, wurde ir geantwortet: »Ja, das Tool, aber die Arbeit, das überall zu installieren!« Vorgeschützter Arbeitsaufwand für einen Job, der anderswo mit einem Bot morgens beim Hochfahren erledigt wird – interessant.

Immer wieder in Kursen bekomme ich zu hören: »Ist ja alles ganz schön und gut, was Sie uns da erklären, aber in unserer Dienststelle bekommen wir das nicht hin.« Veraltete Hard- und Software, stringente, für die Aufgabenerledigung häufig ungeeignete Standards beim Softwareeinsatz, fast schon paranoide Abschottung der Clients gegen externe Datenträger, automatisches Entfernen von Mail-Attachements etc. So also sieht der »Service« der IT-Stellen in vielen Verwaltungen aus.

Hallo, Kolleg/innen beim IT-Service! Ist das das Selbstverständnis Ihrer Arbeit, die User kleinzuhalten? Die Leute sollen ihre Arbeit erledigen, gut erledigen, zügig erledigen und auch mit Arbeitsfreude erledigen. Wenn man aber ständig nur Restriktionen ausgesetzt ist, wird keines dieser Kriterien zutreffen.

Sicher, die Arbeit in den IT-Stellen wird einfacher, je abgeschotteter das System ist. Am besten wären reine Stand-alone-Systeme ohne Netzanbindung, ohne externe Anschlüsse. Dann gäbe es außer Geräte beschaffen und Image aufspielen gar nichts mehr zu tun.

Natürlich habe ich auch Verantwortliche aus IT-Bereichen darauf angesprochen. Die Antworten waren immer dieselben: »Ja, wir hatten auch mal offene Systeme, aber was glauben Sie denn, was die Leute da alles angeschleppt und installiert haben.« Mag ja sein, aber ist es Aufgabe der IT-Stellen, das zu unterbinden? Wer unerlaubt Software auf seinem Dienst-PC installiert, wer sich auf seinem Dienst-PC wiederholt Malware beim Surfen einfängt, begeht ein Dienstvergehen. Das wissen alle. Besteht der Service der IT-Stellen darin, ein paar Kamikazesurfer vor einem Dienstvergehen zu bewahren und damit alle anderen Kolleg/innen abzustrafen, die nur vernünftig arbeiten wollen?

Natürlich muss das System gesichert werden. Natürlich ist das mit Aufwand verbunden. Aber es gibt Firewalls, es gibt Virenschutz, es gibt Spamkontrollen, mit denen sich die ärgsten Unfälle von vornherein vermeiden lassen. Und es gibt Fortbildung zur Computersicherheit, mit der verantwortungsvolle User erzogen werden, die sich davor hüten, zur Wurmschleuder zu werden. Ich kenne Verwaltungen, in denen funktioniert das: freier Internetzugang, offene Laufwerke und USB-Slots, und dennoch keine Verseuchungen der Systeme. Weil die User sich ihrer Verantwortung bewusst sind und die Admins die technische Sicherheit garantieren. Wer natürlich seinen Usern keine Freiheiten lässt, erzieht DAUs und muss sich nicht wundern, wenn sie sich dann auch wie solche verhalten.

Mit diesem Beitrag möchte ich eine Diskussion in den Häusern anregen, damit dieser Geruch des Ewiggestrigen aus der Berliner Verwaltung verfliegt.

Hoffentlich bald in irgendeinem Kurs: »Guter Tipp, da werde ich morgen gleich mal zu meiner IT-Stelle gehen, damit die das bei uns im Haus flächendeckend realisieren.«


[1] Aktualisierung: Inzwischen ist der IT-Standard in der Berliner Verwaltung natürlich moderner geworden. Aber glauben Sie nur nicht, dass immer alle Rechner umgerüstet seien! Ganze Ämter arbeiten noch mit längst aus dem offiziellen Support entlassener Software, weil Fachanwendungen noch nicht umgestellt wurden. Kam ja auch sooo plötzlich …

 


Dieser Beitrag erschien ursprünglich im SPLITTER, der Fachinformation des IT-Dienstleistungszentrums der Berliner Verwaltung.

 

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