Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

»Nur der Esel geht voran!«

Veröffentlicht am 29.07.2014

Eine ganz banale Ursache für seltsame Formulierungen liegt in unser aller Schulzeit begründet. Damals ist uns eingebläut worden, dass Sätze niemals mit »Ich« begonnen werden sollen.

So eine in früher Kindheit dressierte Vorgabe sitzt tief und beeinflusst unser Denken erheblich. Deshalb greifen wir in unserem Schriftverkehr häufig zu umständlichen Formulierungen, statt den Satz einfach mit »Ich« zu beginnen und ihn damit klar verständlich zu halten.

Was für »Ich« gilt, gilt grundsätzlich auch für »Wir«, doch irgendwie ist es leichter, ein »Wir« an den Anfang zu stellen, man ist dann nur ein Esel unter vielen. Wo allerdings im Schriftverkehr die »Ich«-Form vorgeschrieben ist, blühen die bunten Wiesen der Ich-Vermeidung.

In Änderung des bisherigen Verfahrens wird geregelt, dass der Schriftverkehr der Behörden in der »Ich-Form« erfolgt. Damit wird der Bearbeiter in den Mittelpunkt des Verwaltungshandelns gestellt und dies auch nach außen verdeutlicht. Durch Abgehen vom anonymen »Wir« tritt der Bearbeiter dem Bürger direkt gegenüber; er bleibt aber in seiner Funktion Mitarbeiter der jeweiligen Behörde.
Senatsvorlage zur Neufassung der GGO I Berlin; Begründung zu § 47

Es ist ja schön, dass der Mittelpunkt des Verwaltungshandelns nach außen verdeutlicht wird, doch hilft das bei der Verständigung mit den Bürgern nicht viel, wenn gerade deswegen wieder komplizierte Umschreibungen und Passiv-Formulierungen verwendet werden. Neben den berühmten holprigen Einleitungsfloskeln wie »Auf Grund von § … habe ich entschieden, …« oder »Zu Ihrem Schreiben vom … teile ich Ihnen mit, …« kann der Versuch, den »Esel voran« zu vermeiden, auch Blüten treiben:

Während der gesamten Laufzeit des Verfahrens bitte ich Sie, jede Änderung Ihrer Einkommensverhältnisse, Ihres Familienstandes und Ihres Wohnortes unverzüglich mitzuteilen.
aus einem Bescheid einer Einbürgerungsstelle

Der Absender bittet und bittet und bittet immer wieder, so lange, bis das Verfahren endlich abgeschlossen ist. Vielleicht könnte es schneller abgeschlossen werden, wenn er nicht so viel Zeit darauf verschwenden würde, ständig zu bitten? Spaß beiseite: Bei Missachtung der fast schon im archaischen Bewusstsein verankerten Esel-Regel hätte sich der Satz viel einfacher und deutlicher formulieren lassen:

Ich bitte Sie, mir jede Änderung Ihrer Einkommensverhältnisse, Ihres Familienstandes und Ihres Wohnortes während der Laufzeit des Verfahrens unverzüglich mitzuteilen.
Ganzen Eintrag lesen »

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?