Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

oerttel.net

Hält doppelt besser?

Veröffentlicht am 13.06.2014

Ein sehr spezifisches semantisches Phänomen der Amtssprache ist die unübliche Verwendung von Verneinungen. Hier wird häufig „um die Ecke formuliert“, also durch doppelte Verneinung eine Bestätigung ausgesprochen oder zum Satzbeginn eine positive Aussage suggeriert, die am Schluss verspätet negiert wird. In diesen Fällen ist auf jeden Fall Klarheit geboten, indem die beiden Teilaussagen zusammengefasst und in einer Formulierung deutlich gemacht wird, ob die Aussage positiv oder negativ gemeint ist. Eine dritte Variante ist die unnötige Verneinung, bei der ein positiver Begriff mit „nicht“ kombiniert wird, obwohl es ein passendes Negativ-Pendant gibt.

Ein paar Beispiele:

Verneinung ist ... Negativ-Beispiele Abhilfe-Vorschläge
... doppelt

Mündliche Auskünfte werden ohne Gewähr erteilt, es sei denn …

Mündliche Auskünfte gewährleisten wir nur, wenn …

Kinder haben keinen Zutritt außer in Begleitung Erwachsener.

Kindern ist der Zutritt nur in Begleitung Erwachsener gestattet.

... verspätet

In der Ratssitzung ist ein einstimmiger Beschluss nicht zustande gekommen.

In der Ratssitzung ist kein einstimmiger Beschluss zustande gekommen.

Für Vermerke ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben.

Für Vermerke ist keine besondere Form vorgeschrieben.

... unnötig

Der Antrag ist nicht fristgerecht eingegangen.

Der Antrag ist verspätet eingegangen.

Ich fordere Sie deshalb auf, derartige Störungen künftig nicht wieder vorzunehmen.

Ich fordere Sie deshalb auf, derartige Störungen künftig zu unterlassen.

Auch hier toppt das BGB wieder mal alles, in § 118 wird fünfmal negiert:

Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel an Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.

Gemeint ist 

 Offensichtlicher Unfug ist keine Vertragsgrundlage.

aber das war den Schöpfern des BGB wahrscheinlich zu prosaisch.


Aber auch diese Frage in einem Bürgerentscheid des Bezirksamts Lichtenberg ist verwirrungstechnisch genial formuliert:

Stimmen Sie für das Ersuchen an das Bezirksamt, in Abänderung der bisherigen Beschlusslage, das eingeleitete Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans 11-43 nicht fortzuführen, durch welches die Ansiedlung eines Warenhauses an der Landsberger Allee 360/362 verhindert wird?

Statt derart um die Ecke zu fragen, wäre

Sind Sie dafür, dass an der Landsberger Allee 360/362 ein Warenhaus errichtet werden soll?

jedem Abstimmungsberechtigten sofort klar gewesen. Aber hier war ja gar keine Klarheit gewollt, denn das Bezirksamt hätte das Warenhaus gern dort gehabt. »Der Bürger« trat hier als Störfaktor in Erscheinung.

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?