Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

oerttel.net

Juristen-Patchwork

Veröffentlicht am 27.06.2014
... wird gemäß §§ 2, 3, 5, 7, 7a und 34 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in der Fassung vom 12. November 1996 (BGBl.I S. 1695), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. August 1998 (BGBl.I S. 2455), in Verbindung mit §§ 14 und 16 des Berliner Wassergesetzes (BWG) in der Fassung vom 3. März 1989 (GVBL. S. 605), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Oktober 1995 (GVBl. S. 695), die wasserbehördliche Erlaubnis erteilt.

Solche verschraubten Formulierungen resultieren aus der Tatsache, dass man in den zuständigen Verwaltungen zu bequem ist, bei der Änderung einer Vorschrift diese im vollständigen neuen Wortlaut zu veröffentlichen, sondern statt dessen Juristen-Patchwork kreiert: »In § 31 Abs. 2 Satz 2 entfällt der zweite Halbsatz.« Für das Verfahren bis zum Erlass der Vorschrift mag das ja noch angehen, da bleiben diese Leute ja im Wesentlichen unter sich. Aber spätestens bei Verabschiedung einer Vorschrift gebietet es die Bürgernähe, einen neuen Volltext zu veröffentlichen.

Der Wetterbericht ist ja auch jedes Mal wieder vollständig, es wird nie gesagt:

»Das Wetter wird morgen wie gestern, nur in der Priegnitz zwei Grad weniger, dafür erhöht sich in der Lausitz die Niederschlagswahrscheinlichkeit um 12%.«

Es bestand schon immer ein dringender Bedarf an Volltext-Neu­fas­sun­gen, wie die florierenden Umsätze der einschlägigen Verlage zeigten. Glücklicherweise gibt es inzwischen das Internet, in dem Vorschriften in jeweils aktueller Form bereitgestellt werden. Statt aber auf diese zu verweisen (oder auszugsweise beizufügen), wird dem Empfänger solch ein Geschwurbel vorgesetzt.

Die Krönung dieser Vorgehensweise ist die Art, wie solche – teils mehrfach – geänderten Vorschrif­ten in Bescheiden zitiert werden. Man bezieht sich auf die Urfassung, schreibt aber gleich noch dazu, dass man wiederum doch nicht die Urfassung meint, sondern die geänderte Fassung. Dieser sprachliche Widerspruch wird seit Jahrhunderten von allen Behörden und Juristen praktiziert, ohne dass irgendjemand das falsch findet – schon erstaunlich. Unberücksichtigt bleibt auch, ob die zitierte Änderung sich auf diesen Bescheid auswirkt oder nicht. Und ein weiterer wichtiger Sachverhalt wird überhaupt nicht erwähnt: Gab es zwischen dem Erlass der Ur-Vorschrift und der angegebenen »letzten« Änderung weitere Änderungen? Wenn ja, warum gibt man die nicht auch an? Vielleicht waren in denen ja eher fallrelevante Änderungen enthalten als in der zitierten letzten Änderung.

Egal wie detailliert die Rechtshistorie dargestellt wird, bürgernah ist das in keinem Fall. Dem Empfänger eines Bescheides ist keinesfalls zuzumuten, sich durch diesen Verweise-Verhau durchzukämpfen, erst recht nicht im Fließtext (der damit das Attribut fließend keinesfalls mehr verdient). Wesentlich einfacher und sinnvoller für alle Seiten ist es, dem Bescheid die bezogenen Rechtsquellen im Volltext beizufügen, was im Zeitalter der Textbausteine gar keinen Aufwand mehr bedeutet. Im Bescheidtext tritt dann nur noch eine Formulierung auf wie:

... erteile ich gemäß §§ 2, 3, 5, 7, 7a und 34 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in Verbindung mit §§ 14 und 16 des Berliner Wassergesetzes (BWG) die wasserbehördliche Erlaubnis. (Den Wortlaut der zitierten Rechtvorschriften habe ich diesem Bescheid beigefügt.)

 

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?