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Nicht unterschriebene Eingriffe in mein Leben

Veröffentlicht am 14.06.2014

Zur fehlenden Unterschrift berufen sich Behörden gern auf eine Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Dort heißt es in § 37:

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. ...

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen.

Dazu seien drei Anmerkungen gestattet:

  1. Der Begriff »automatische Einrichtung« ist nirgendwo erläutert; die juristische Fachwelt nennt sowas einen »unbestimmten Rechtsbegriff«. Die Vollzugsverwaltungen legen ihn sehr weit aus, und ist nicht jeder Arbeitsplatz-PC eine automatische Einrichtung? In keiner Behörde wird mehr mit nicht-automatischen Einrichtungen gearbeitet, deshalb muss rein dem Gesetzestext folgend gar nichts mehr unterschieben werden. Es ist jedoch auch ein Akt der Höflichkeit gegenüber dem Adressaten, ein Schreiben zu unterzeichnen. (Ich möchte mal sehen, wie ein Amt oder Gericht reagiert, wenn ein an sie gerichtetes mit einer der Standardfloskeln, wie sie Ämter benutzen, endet statt mit einer (rechtsverbindlichen) Unterschrift.)
  2. Es ist durchaus einzusehen, dass ein Sachbearbeiter unmöglich Massendrucksachen eigenhändig unterschreiben kann. Die aktuelle - auch bei Gerichten und Behörden verwendete - Technik macht es jedoch leicht, anstatt alberner Floskeln über automatische Geräte eine Faksimile-Unterschrift einzubinden. Warum auch die Namenswiedergabe (hübsches Wort!) vom VwVfG unterdrückt wird, was sich ja auch schon in der behördlichen Computersteinzeit problemlos realisieren ließ, erschließt sich nun gar nicht.
  3. Besonders albern wirken Versuche, Schreiben ohne Unterschrift doch noch eine persönliche Note zu geben, indem »Ihr Finanzamt« o. ä. daruntersteht.

Sodann ist noch die erweiterte Auslegung des § 37 (5) VwVfG zu nennen, wonach, wenn schon die Unterschrift nicht erforderlich ist, auch die Grußformel und am besten auch noch die Anrede entfallen können.

Beides ist a.a.O. nicht genannt und gehört auch bei automatisierten Schreiben unbedingt dazu.

Seltsamerweise müssen solche Selbstverständlichkeiten, auch »Umgangsformen« manchen Leuten per Verwaltungsvorschrift beigebracht werden:

Im Schriftverkehr mit Bürgern und Stellen außerhalb der Verwaltung sind grundsätzlich auch in Serienbriefen Anrede und Grußformel zu verwenden.
(§ 49 Abs. 4 Satz 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung - Allgemeiner Teil - GGO I)

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