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Verordnete Deutschtümelei

Veröffentlicht am 09.08.2014

Auch in der Verwaltungssprache werden unnötige Anglizismen vermutet, weshalb Herr Dr. Werthebach kurz vor seiner Abwahl als Berliner Innensenator in der Neufassung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung gegen den heftigen Widerstand seiner Senatskollegen eine Sprachschutzklausel unterbringen ließ:

§ 49 - Sprache, Stil und Form

(1) Die Schriftsätze sollen knapp, klar und umfassend sein. Auf eine leicht verständliche Darstellung in gutem Stil und höflicher Form ist Wert zu legen. Es sind einfache Sätze zu bilden und geläufige Wörter zu verwenden. Unentbehrliche Fachausdrücke sind zu erläutern, wenn dies zum Verständnis des Empfängers erforderlich ist. Zu vermeiden sind insbesondere überflüssige Zusätze und Wiederholungen, ein steifer Satzbau mit vielen Hauptwörtern sowie entbehrliche Modewörter.

(2) Fremdsprachliche Ausdrücke (auch aus dem angelsächsischen Sprachraum) sind grundsätzlich nur zu verwenden, soweit es aus fachlichen Gründen unumgänglich ist und die Verständlichkeit insbesondere gegenüber dem Bürger nicht beeinträchtigt wird. Die Verwendung fremd­sprachlicher Ausdrücke scheidet insbesondere dann aus, wenn geeignete deutsche Wörter vorhanden sind oder solche bei neuen Sachverhalten aus vorhandenen Wortfeldern ohne besondere Schwierigkeit gebildet werden können.

Absatz 2 ist ein Schlag ins Gesicht aller, die sich um Verständlichkeit bemühen. Wenn ein allgemein eingeführtes und bekanntes Lehnwort durch ein deutsches Wortkonstrukt ersetzt werden muss, ist das der Verständlichkeit abträglich.

Ob die Rückinterpretation beim Empfänger klappt, interessiert weniger. Es gibt Verwaltungen, in denen auf die Anwendung des § 49 (2) GGO I verzichtet wird, weil er der in § 3 VGG verordneten Bürgerorientierung entgegen steht und das Gesetz der Verwaltungsvorschrift ja wohl übergeordnet ist.

Herr Werthebach berief sich dagegen auf Bundesrecht und hoffte wohl, damit das VGG (Landesrecht) auszuhebeln:

Nach § 23 Abs. 1 VwVfG ist die Amtssprache deutsch. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts wird der neue Absatz 2 eingefügt mit der Regelung, fremdsprachliche Ausdrücke grundsätzlich nur unter den dort aufgeführten Bedingungen zu verwenden. Mit dieser Regelung soll bewirkt werden, dass die zunehmend anschwellende Flut von Anglizismen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen zumindest in der Verwaltungssprache vermieden wird.                    

Begründung in der Senatsvorlage zu § 49 Abs. 2 GGO I

Ein Ansinnen wie im letzten Satz kann nicht hingenommen werden und der Verweis auf das Verwaltungsverfahrensgesetz ist in diesem engeren Sinne wohl kaum zutreffend. Die Amtssprache soll sich der Sprache der Bürger annähern und nicht noch weiter entfremden. Wenn es möglich ist, allgemein unübliche Begriffe des »Handelsbrauchs« ins Ordnungsrecht einfließen zu lassen, muss es auch möglich sein, Worte des allgemeinen Sprachgebrauchs in Schriftsätzen der Behörden zu verwenden.

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