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Sprache

Spra­che ist alltäg­lich und stän­dig gegen­wär­tig. Doch diese gran­diose Erfin­dung und Basis unse­rer Zivi­li­sa­tion hat auch ihre Eigen­hei­ten. Auf dieser Seite habe ich einige Fakten und Beispiele aus meinen Kommu­ni­ka­ti­ons­kur­sen zusammengestellt.

Wie funk­tio­niert Spra­che, wozu dient sie? Dieser Aufsatz erklärt »alltäg­li­che Besonderheiten.«

Kommu­ni­ka­tion ist umfeld­ab­hän­gig. Wenn Spra­che und Umfeld nicht harmo­nie­ren, erscheint uns die Situa­tion selt­sam, unge­wohnt, miss­ver­ständ­lich. Zwei Beispiele:

Würde eine gewisse Zeitung von der Amts­blatt­re­dak­tion heraus­ge­ge­ben, wären bei glei­chem Inhalt die Formu­lie­run­gen völlig andere. 


Ande­rer Fall: 

In dieser Umge­bung wirkt der Satz irritierend, … 

… in dieser Form dage­gen
erscheint derselbe Satz völlig unverdächtig. 

Der Autor und Jour­na­list Uwe Kopf erteilte 1990 als Chef­re­dak­teur der Zeit­schrift »Tempo« seinen Redak­teu­ren mit diesem Rund­schrei­ben eine Lektion in lesba­rer Sprache.

Liebe Kolle­gen und Kolleginnen,

da ich künf­tig verstärkt Manu­skripte redi­gie­ren werde, sage ich Euch vorab, wie ich an Texte herangehe.

  1. Einen Text in der Ich-Form akzep­tiere ich nur in Ausnah­me­fäl­len. Wenn Otmar seine Erleb­nisse einer Koran­schule der Ich-Form schil­dert, dann ist das zwin­gend. Wer meint, sich als Autor in Porträts oder Rezen­sio­nen „einbrin­gen“ zu müssen, der nimmt sich zu wichtig.
  2. In neun von zehn Fällen ist die Aktiv­form der Passiv­kon­struk­tion über­le­gen. „Das dritte Tor wurde von Seeler geschos­sen“ ist schlecht. „Uwe Seeler schoß das dritte Tor“ ist besser.
  3. Wer stän­dig das Wort „man“ benutzt, ist entwe­der feige, schlam­pig oder ahnungs­los. In neun von zehn Fällen sollte, nein, muß der Autor das „man“ durch ein Subjekt ersetzen.
  4. Bitte, bitte keine Super­la­tive mehr! „Die häßlichste Band“, „die gran­dio­seste Platte“, „die besten Menschen“ – ich kann es nicht ertragen.
  5. Bitte, bitte keine Rock­schreibe oder sons­ti­gen Fach­jar­gons! Wenn ein Musik­kri­ti­ker von „Acts“, „Front­män­nern“ oder „sägen­den Gitar­ren“ plap­pert, dann gehört er genauso gehauen wie der Film­kri­ti­ker, der von „atmo­sphä­ri­scher Dichte“ oder „cine­as­ti­scher Umset­zung“ labert.
  6. Der Mensch wird nicht dadurch zum Film­kri­ti­ker, daß er einen Film nach­er­zählt. Das kann meine Mutter auch.
  7. Nichts spricht gegen lange Sätze, sofern sie solide gebaut sind. Gegen kurze Sätze oder gele­gent­li­chen Tele­gramm­stil spricht auch nichts. Der Leser mag’s gemischt.
  8. Ein Autor sollte seine Texte aufs Skelett redu­zie­ren und jedes über­flüs­sige Wort weglas­sen. Das gilt beson­ders für Adjek­tive. Oft will der Autor nur eine Zeile füllen, Bildung vortäu­schen oder Origi­na­li­tät erzwin­gen. Dann gebraucht er beispiels­weise eines der folgen­den abge­lutsch­ten oder verbla­se­nen Wörter:
    Mitnich­ten, profan, trotz, Fan-Gemeinde, tanz­bar, Ami-Land, Gefilde, Gemü­ter, Master­mind, Schrei­ber­ling, dankens­wer­ter­weise, archa­isch, mutie­ren, frei­lich, goutie­ren, subtil, respek­tive, nölen, zwei­fels­ohne, schnöde, perma­nent, schlecht­hin, viel­schich­tig, subver­siv, rührig, sic!, spät­pu­ber­tär, Berufs­ju­gend­li­cher, dröge, fleisch­ge­wor­den, Klien­tel. durch­aus, Kult­star (Kult­film, Kult­fi­gur usw), schlech­ter­dings, Inkar­na­tion, im Grunde, eigentlich.

Dieser und ähnli­cher Wortschrott wird aus dem Kultur­teil von TEMPO verschwinden.

Nett gemachte Check­liste, die ich irgendwo in den Weiten des Inter­nets fand (Verfas­ser unbekannt)

1. Alli­te­ra­tio­nen auslas­sen!
2. Fuck Angli­zism!
3. Denk keine Sätze, die das Prädi­kat zertei­len, aus!
4. Achte auf koreckte Ortho­gra­phie, und Inter­punk­tion!
5. Meide das Klischee wie der Teufel das Weih­was­ser! Es ist ein alter Hut.
6. Verglei­che sind schlim­mer als Klischees.
7. Am schlimms­ten sind Super­la­tive, am aller­schlimms­ten Hyper­la­tive.
Achtens: Halte Aufbau und Stil durch!
9. Sei mehr oder weni­ger spezi­fisch!
10. Kein Mensch mag allge­meine Behaup­tun­gen.
11. Sei nicht redun­dant, benutze nicht mehr Wörter als nötig! Das ist nämlich total abso­lut über­flüs­sig.
12. Wer braucht rheto­ri­sche Fragen?
13. Über­trei­bung ist eine Million mal schlim­mer als Unter­trei­bung.
14. Aufzäh­lun­gen mit mehr als 10 Punk­ten werden unübersichtlich.

Ergän­zun­gen meiner­seits:
15. Erfreue Dich an Deiner Schrift­ar­ten­samm­lung, aber benutze sie spar­sam,
 Arial, Times New Roman und Comic Sans über­haupt nicht!

16. Verlass Dich nie auf die Auto­kor­rek­tur Deines Textprogramms!