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Modellbahn-Elektrotechnik

Poten­tial, Span­nung, Stromfluss

Strom fließt. Das ist bekannt. Wie er fließt und in welche Rich­tung, das ist eine Frage, über die sich die Wissen­schaft mehr als zwei Jahr­tau­sende nicht im Klaren war.

Strom fließt, aber warum, woher und wohin?

Im Fluss fließt Wasser. Die Quelle liegt höher als die Mündung, die Schwer­kraft treibt das Wasser nach unten und es sucht sich dabei seinen Weg, weicht Hinder­nis­sen aus, umfließt sie, fließt mal schnel­ler und mal lang­sa­mer, je nach Gelän­de­for­ma­tion und Untergrund.

Der Strom­fluss ist dem des Wassers ähnlich. Auch für ihn gibt es eine Quelle und eine Mündung, nur liegen diese nicht weit entfernt vonein­an­der wie beim Fluss, sondern meist recht dicht beiein­an­der: die beiden Pole einer Batte­rie oder die beiden Löcher der Steckdose.

Während im Fluss Wasser der Schwer­kraft gehor­chend von oben nach unten fließt, war man sich lange Zeit nicht klar darüber, was da eigent­lich fließt und schon gar nicht, in welche Rich­tung. Da elek­tri­sche Kräfte erst­mals im Alter­tum beim Bern­stein fest­ge­stellt worden waren, nutzte man Ελεκτρον, das grie­chi­sche Wort für Bern­stein, für diese exoti­sche Kraft.

Flussbett muss sein

Der Fluss gräbt sich sein Bett ins Gelände. Dem Strom­fluss müssen wir sein Bett berei­ten. Ist kein „Leiter“ vorhan­den, fließt Strom nicht, zumin­dest nicht unter „Nomal­be­din­gun­gen“ – auch das war schon lange bekannt, ohne dass man über die Natur des elek­tri­schen Stroms Nähe­res wusste.

Um zu flie­ßen, benö­tigt der elek­tri­sche Strom eine elek­trisch leitende Verbin­dung zwischen Strom­quelle und ‑senke. Quelle und Senke werden als Pole bezeich­net, beide besit­zen unter­schied­li­che elek­tri­sche Poten­tiale. Der Unter­schied zwischen beiden Poten­tia­len ist die Span­nung, deren Bestre­ben es ist, die beiden unter­schied­li­chen Poten­tiale auf ein glei­ches Niveau zu bringen.

Dieser Ausgleich ist nur möglich, wenn Ladungs­trä­ger vom Pol mit dem höhe­ren Poten­tial zu jenem mit dem gerin­ge­ren Poten­tial flie­ßen können. Ist der Poten­ti­al­un­ter­schied ausge­gli­chen, besteht keine Span­nung mehr, es findet kein Strom­fluss mehr statt.

Nicht jedes Mate­rial ist in der Lage, die elek­tri­schen Ladungs­trä­ger zu beför­dern. Die meis­ten Metalle sind gute Leiter; reines Wasser, Kunst­stoffe, Glas, Holz und Gummi sind Nichtleiter.

Nicht­lei­ter lassen sich deshalb zum Isolie­ren einset­zen, das heißt, mit ihnen können Strom­lei­ter gegen­ein­an­der abge­schot­tet werden, so dass zwischen ihnen kein Strom fließt.

Bei den Leitern ist zu unter­schei­den in gute und schlechte Leiter, genauso wie Wasser in manchem Gelände besser fließt, in ande­rem schlech­ter. Verbin­det man die zwei Pole einer Span­nungs­quelle durch einen guten Leiter mitein­an­der, entsteht ein Kurz­schluss, und die Span­nungs­quelle entlädt sich schlag­ar­tig. Der Nutzen des elek­tri­schen Strom­flus­ses liegt in den schlech­ten Leitern, die als „Verbrau­cher“ Strom in andere, für uns verwert­bare Ener­gien umwan­deln, zum Beispiel in Wärme, Licht oder Bewegung.

Die Stromrichtung

All diese Erkennt­nisse führ­ten aber nicht dazu, die Art und Fließ­rich­tung des elek­tri­schen Stroms ermit­teln zu können, weswe­gen man will­kür­lich einen Pol als posi­tiv defi­nierte und den ande­ren nega­tiv und die Fließ­rich­tung von plus nach minus.

Dass sie damit total dane­ben­la­gen, kann man den Forschern frühe­rer Zeiten nicht zum Vorwurf machen. Mit den Mitteln ihrer Zeit blie­ben ihnen nur Axiome, um einen gemein­sa­men Duktus für den Umgang mit dieser Ener­gie zu finden.

Inzwi­schen wissen wir, dass es nega­tiv gela­dene Elek­tro­nen sind, die von Minus nach Plus wandern.

In der Elek­tro­tech­nik und Elek­tro­nik wird aller­dings das alte Modell beibe­hal­ten, wonach Strom von Plus nach Minus fließt. Das ist auch nicht ganz verkehrt, man beob­ach­tet halt die Gegen­rich­tung, den Weg der fehlen­den Elektronen.

Plus, Minus, Null und Masse

Strom fließt von einer Span­nungs­quelle zu einer Span­nungs­senke. Diese beiden Bezugs­po­ten­tiale bilden in der Regel die obere und untere Begren­zung eines Schalt­pla­nes, das ist einfach und über­sicht­lich, oben ist Plus, unten ist Minus, man weiß immer, wo es lang geht. Sie werden in vielen Schalt­plä­nen derar­tige durch­ge­hende Linien als oberen und unte­ren Rand finden.

Haben wir es in einer Schal­tung mit unter­schied­li­chen Betriebs­span­nun­gen zu tun, gibt es unter­schied­li­che Metho­den der Darstel­lung. Die in der Modell­bahn-Elek­tro­nik häufig vorkom­mende Situa­tion mit einer gerin­gen Steu­er­span­nung für die Elek­tro­nik und einer höhe­ren Versor­gungs­span­nung für den Fahr­be­trieb erhält dann einfach zwei Plus-Leitun­gen am oberen Rand.

Es gibt aber auch den Fall der symme­tri­schen Betriebs­span­nung, bei der eine posi­tive und eine nega­tive Span­nung auf ein gemein­sa­mes „Null-Poten­tial“ bezo­gen sind. Auch in diesem Fall hält sich die Reihen­folge im Schalt­plan an die Regel „von Plus nach Minus = von oben nach unten“: Das posi­tive Poten­tial wird als oberste Leitung einge­zeich­net, in der Mitte liegt, häufig als dickere Linie, um aufzu­fal­len, das Null-Poten­tial, und unten das Minus-Poten­tial. Die Bauteile grup­pie­ren sich zwischen den drei Linien, je nach­dem, ob sie zum Schal­tungs­teil im posi­ti­ven oder im nega­ti­ven Bereich der Schal­tung gehö­ren. Diese Erläu­te­rung dient nur der Voll­stän­dig­keit, in den gängi­gen Modell­bahn­fäl­len kommen wir mit zwei posi­ti­ven Span­nun­gen gegen ein gemein­sa­mes Minus-Poten­tial aus.

Das land­läu­fige Minus-Poten­tial ist genau genom­men auch ein Null-Poten­tial, denn an einer 12V-Betriebs­span­nung liegen nicht +12V an einem und –12V am ande­ren Pol, das wäre ja ein Poten­ti­al­ge­fälle von 24V. Der Begriff „Minus“ hat sich in diesem Fall einfach einge­schlif­fen, er kenn­zeich­net den nega­ti­ven Pol einer Span­nungs­quelle, aber bezo­gen auf die Angabe der Betriebs­span­nung am posi­ti­ven Pol ist das „Null“.

Sche­ma­ti­sche Darstel­lung von Bezugs­po­ten­tia­len in Schaltplänen
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Masse-Symbole zur Verein­fa­chung komple­xer Schaltpläne

In einer komple­xen Schal­tung kann selbst diese Darstel­lung leicht unüber­sicht­lich werden, weshalb es einige weitere Möglich­kei­ten zur Verein­fa­chung gibt.

Das Null-Poten­tial zeich­ne­risch als untere Linie darzu­stel­len, ist die eine Möglich­keit, einfa­cher noch ist es, diese Linie nur abschnitts­weise dort zu zeich­nen, wo sie auch tatsäch­lich benö­tigt wird. Um dann aber auch aufzu­fal­len, wird sie dicker gezeich­net als die übli­chen Verbin­dungs­li­nien, sie sieht im Grunde aus wie die obere Hälfte eines Konden­sa­tor-Symbols. Stoßen Sie in einem Schalt­plan auf ein solches Symbol, wissen Sie immer, hier geht es direkt und ohne Umwege zum nega­ti­ven (Null-)Pol Ihrer Betriebs­span­nung. Gemein­hin wird dieses Zeichen als Masse-Symbol bezeich­net.

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Masse-Symbole zur Verein­fa­chung komple­xer Schaltpläne