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Amtssprache: Ursachen

Über­re­gu­lie­rung

Behör­den arbei­ten akri­bisch, das weiß man und dage­gen ist auch gar nichts einzu­wen­den. Auch bei der Ausge­stal­tung ihrer Arbeits­er­geb­nisse gehen sie akri­bisch vor, aber dabei schie­ßen sie häufig über das Ziel hinaus. Es ist eine Unart von Vorschrif­ten­ver­fas­sern, Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten und Tatsa­chen zu beschrei­ben, entwe­der als Teil einer umfas­sen­den Rege­lung oder als eigene Spezi­al­re­ge­lung. Gerade mit solchen pedan­ti­schen Regeln setzen sich Behör­den dem Gespött der Allge­mein­heit aus. Am Ende stehen dann EU-Richt­li­nien zum Krüm­mungs­grad der Spree­wald­gurke, die nun wirk­lich vermeid­bar gewe­sen wären.

Bitte diesen Adress­auf­kle­ber ausge­füllt von außen auf einen DIN-C-5-Umschlag anbrin­gen. Dies dient der Post­ver­tei­lung bei der Beihil­fe­stelle. Vielen Dank!

Hinweis im Vordruck Beihil­fen­an­trag der Bezirks­re­gie­rung Münster

Käme wohl jemand auf die Idee, einen Adres­sen­auf­kle­ber in einen Umschlag zu kle­ben? Was hat die Beihil­fe­stelle sich bei dieser An­lei­tung zum Versand ausge­füll­ter Beihil­fe­an­träge wohl gedacht? Vor allem: Für wie blöd halten die Mitar­bei­ter­der Beihil­fen­stelle eigent­lich ihre Kol­legen? Hier werden Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten gere­gelt, die bei den Lesern den Verdacht auf­kom­men lassen, die Behörde nehme sie nicht ernst oder unter­stelle ihnen den IQ eines Gold­hams­ters! Zwar sind von die­sem Vordruck »nur« andere öffent­li­che Be­diens­tete betrof­fen, doch damit ist die­ses Vorge­hen keines­falls zu recht­fer­ti­gen. Wer so mit Kolle­gen umgeht, wird sich gegen­über Bürgern kaum anders ver­hal­ten, eher im Gegenteil.

Ein Sach­man­gel liegt bei einer zur Montage bestimm­ten Sache ferner vor, wenn die Monta­ge­an­lei­tung mangel­haft ist, es sei denn, die Sache ist fehler­frei montiert worden.

§ 434 (2) Satz 2 BGB

Hier­bei handelt es sich um eine rela­tiv neue Vorschrift, die erst im Früh­jahr 2002 verab­schie­det worden ist. Hinter­grund dafür waren zahl­rei­che Prozesse von Kunden, die auf Grund mangel­haf­ter Anlei­tun­gen zu Selbst­bau­pro­duk­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen die Herstel­ler geltend gemacht hatten. (Nicht von unge­fähr hat diese neue Vorschrift im Fach­jar­gon den Namen »IKEA-Klau­sel« erhalten.)

Ein echter Fort­schritt in der Recht­set­zung zum Verbrau­cher­schutz, möchte man meinen, bis der Blick auf die Einschrän­kung fällt: »… es sei denn, die Sache ist fehler­frei montiert worden.«

Was will uns der Gesetz­ge­ber damit vermitteln?

Welcher Gefahr soll mit dieser Einschrän­kung vorge­beugt werden? Wer trotz mangel­haf­ter Anlei­tung sein Regal oder seinen Compu­ter funk­ti­ons­tüch­tig zusam­men­bauen konnte, wird sicher nicht auf die Idee kommen, den Herstel­ler wegen der Anlei­tung zu verkla­gen1, denn es ist ja kein Scha­den einge­tre­ten. Diese einschrän­kende Klau­sel ist deshalb völlig über­flüs­sig.
1Ein Jurist viel­leicht.

Dienst­rei­sende im Sinne dieses Geset­zes sind die in § 1 Abs. 1 genann­ten Perso­nen, die eine Dienst­reise oder einen Dienst­gang ausführen.

§ 2 Abs. 1 BRKG

Als ob man darauf nicht von allein käme. Es besteht kein Zwei­fel daran, dass ein Beschäf­tig­ter aus dem in § 1 Abs. 1 genann­ten Perso­nen­kreis ein Dienst­rei­sen­der ist, wenn er eine Dienst­reise oder einen Dienst­gang durch­führt; das ist eine direkte sprach­li­che Ablei­tung. Weshalb also bedarf es dazu ei­ner gesetz­li­chen Rege­lung? Zahl­rei­che Vorschrif­ten könn­ten allein dadurch über­sicht­li­cher werden, dass man sie von nieder­ge­schrie­be­nen Gemein­plät­zen befreite.

Wobei auch nicht klar ist, warum Sach­ver­halte wie Reise­kos­ten, die sich eigent­lich per Geschäfts­an­wei­sung regeln ließen, die Form eines Geset­zes benötigen.

Man kann diese Rege­lung von Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten aller­dings im Kommen­tar zum BRKG auch noch toppen:

Stirbt ein Bediens­te­ter während einer Dienst­reise, so ist damit die Dienst­reise beendet.