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Post vom Amt: der Bescheid

Sobald sich die Behörde dem Bürger hoheit­lich nähert, »ergeht ein Bescheid«.

Der Bescheid ist die im Verwal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz gere­gelte Form des schrift­li­chen »Verwal­tungs­ak­tes«,
also des förm­li­chen Schrift­ver­kehrs der Behörden.

Erkennt­nisse:

  1. Bei meinen Kursen, in denen es eigent­lich um die Quali­tät des Schrift­ver­kehrs ging, musste ich leider immer wieder fest­stel­len, dass bei vielen Bear­bei­tern in Ordnungs­ver­wal­tun­gen Unklar­heit über die wich­tigs­ten Regeln des VwVfG besteht, z. B. über den Aufbau, was durch­aus auch im Kontext mit dem Thema der Kurse steht.
  2. Die dies­be­züg­li­chen Vorga­ben des VwVfG sind auch für den sons­ti­gen Schrift­ver­kehr ein guter Leitfaden.

Ein Leitfaden für Bescheide

Vor etli­chen Jahren durfte ich bei der Senats­ver­wal­tung für Stadt­ent­wick­lung eine Arbeits­gruppe (Quali­täts­zir­kel) mode­rie­ren, die sich mit der Quali­tät der Bescheide dieser an ordnungs­be­hörd­li­chen Aufga­ben viel­fäl­ti­gen Verwal­tung beschäftigte.

Dabei heraus gekom­men ist ein Leit­fa­den, den die Arbeits­gruppe einver­nehm­lich als »öffent­lich« dekla­rierte, weshalb ich diese Ergeb­nisse – ergänzt um einschlä­gige Kurs­un­ter­la­gen – auch hier zur allge­mei­nen Nutzung publi­ziere. Das nach­fol­gende PDF ist die Kurz­fas­sung, auch als Poster für die »Amts­stube« geeignet.

  • Für jedes nach außen gerich­tete Schrift­stück ist der für das Haus vorge­ge­bene Brief­kopf zu benut­zen (ko-Bedin­gung).
  • Benen­nen Sie in den Kommu­ni­ka­ti­ons­an­ga­ben die/​den zuständige(n) Sachbearbeiter/​in, die/​der bei Anruf unmit­tel­bar zweck­dien­li­che Auskünfte ertei­len kann.
  • Geben Sie dazu vorhan­dene Kommu­ni­ka­ti­ons­mit­tel (Fon, Fax, E‑Mail, Anruf­be­ant­wor­ter, Handy) voll­stän­dig an.
  • Verwen­den Sie eine gut lesbare, sach­lich er­schei­nen­de Schrift mit mindes­tens 11pt Größe. Die in den meis­ten Text­pro­gram­men übli­che Grund­ein­stel­lung der Schrift Times New Roman mit 10pt entspricht weder von der Schrift­art noch von der Schrift­größe her den Mindestanforde­run­­gen an gut lesbare Korrespondenz.
  • Stel­len Sie bei der Korre­spon­denz mit Behör­den, Firmen und Insti­tu­tio­nen ein Betreff voran, in dem auch auf vorlie­gende Be­zugskorrespondenz einge­gan­gen wird.
  • Auf die alther­ge­brach­ten Kürzel „Betr.“ und „Vorg.“ wird verzich­tet, die Betreff­zei­len sind optisch vom Text abzu­he­ben, z.B. durch Abstand und Fettdruck.
  • Stel­len Sie im Betreff die notwen­di­gen Anga­ben mög­­lichst knapp, aber ausrei­chend dar, eine stich­wort­ar­tige, ziel­ge­rich­tete Darstel­lung des Sach­ver­halts ist ausufern­den mehr­zei­li­gen Hinwei­sen vorzu­zie­hen. („So kurz wie möglich, so ausführ­lich wie nötig.“)
  • Jeder Brief bedarf einer persön­li­chen Anrede. Auch bei Seri­en­brie­fen stellt es über­haupt kein Problem dar, den bereits in der An­schrift verwen­de­ten Namen in der An­re­de zu wiederholen.
  • Brin­gen Sie möglichst zu Beginn des Schrei­bens deut­lich zum Ausdruck, wo­rum es geht (Genehmi­gung, Ableh­nung etc.). Heben Sie erfor­der­li­chen­falls ein ent­spre­chen­des Schlag­wort im Text durch Fett­druck hervor, damit der Empfän­ger sofort er­kennt, weswe­gen Sie ihn anschreiben.
  • Numme­rie­ren Sie bei län­geren Schrei­ben die Seiten.
  • Wenn der Text länger wird, glie­dern Sie ihn und verwen­den Sie ggf. Über­schrif­ten, die die Orien­tie­rung erleichtern.
  • Wenn Sie Über­schrif­ten verwen­den, achten Sie bei der Rein­schrift darauf, dass die Über­schrift auch bei dem zuge­hö­ri­gen ers­ten Absatz steht und nicht durch einen Seiten­wech­sel getrennt ist. (Tipp: Schal­ten Sie in Winword die Funk­tio­nen der Absatz­kon­trolle ein: Format–Absatz, Regis­ter „Text­fluss“.)
  • Wenn Sie nicht gängige Abkür­zun­gen verwen­den, führen Sie diese bitte bei der ersten Verwen­dung ein.
  • Jedes Schrei­ben ist mit einer Gruß­for­mel zu be­en­den, entwe­der „Mit freund­lichen Grüßen“ oder „Hoch­achtungs­voll“; in Abhän­gig­keit von der Funk­tion des Schluss­zeich­nen­den ggf. gefolgt von „Im Auf­trag“ bzw. „In Vertre­tung“ in der nächs­ten Zeile.
  • Unter der Unter­schrift wird der Name der/​des Unter­schrei­ben­den in Ma­schi­nen­schrift wieder­holt, auch bei leser­li­chen Unter­schrif­ten und auch, wenn die/​der im Kopf ange­ge­bene Sachbearbeiter/​in selbst unterschreibt.
  • Auch bei Seri­en­brie­fen muss nicht auf eine Unter­schrift verzich­tet werden. Han­delt es sich nur um eine geringe An­zahl von Brie­fen, ist es durch­aus zumut­bar, alle Briefe von Hand zu unter­schrei­ben. Bei einem erheb­lich größe­ren Aufkom­men ist der Abdruck einer ge­scann­ten Unter­schrift wesent­lich verbind­li­cher als der lapi­dare Hinweis, dass die Unter­schrift fehlt, weil das Schrei­ben mit einem Compu­ter herge­stellt wurde. (Fast jedes Schrei­ben wird heute mit einem Com­puter hergestellt!)

Grundsätzliche (gesetzliche) Anforderungen an einen Bescheid

Das Verwal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz gibt einige Mindest­an­for­de­run­gen an Bescheide und ihren Aufbau vor, die hier in gestraff­ter Form aufge­lis­tet sind:

  1. Rich­ti­ger Adres­sat /​Zustel­lungs­art (Dazu gehört auch die korrekte Schrei­bung von Name und Anschrift!)
  2. Bezeich­nung des Verwaltungsaktes
  3. Entschei­dung (Tenor)
  4. Neben­be­stim­mun­gen (geglie­dert)
  5. Begrün­dung
  6. Recht­li­che Grundlagen
  7. Entschei­dung und Neben­be­stim­mun­gen erläu­tern /​begrün­den
  8. Ermes­sens­aus­übung darstellen
  9. Anhö­rung nach §28 VwVfG auswer­ten /​Öffentlichkeitsbeteili­gung
  10. ggf. Zwangsmittelandro­hung (Be­grün­dung)
  11. ggf. Gebüh­ren­fest­set­zung /​geson­der­ter Bescheid
  12. ggf. Rechts­be­helfs­be­leh­rung als Bestand­teil des Bescheids (nicht als Anlage beifü­gen, da dann Nach­weis der erfolg­ten Beleh­rung schwierig)
  13. ggf. Anord­nung der sofor­ti­gen Voll­zie­hung (mit Begründung)
  14. Hinweise
  15. Fund­stel­len
  16. Anla­gen
  17. Unter­schrift

Die Numme­rie­rung ist wich­tig; in dieser Reihen­folge sollte ein Bescheid aufge­baut sein.


Anmer­kung:

Selt­sa­mer­weise sind nicht alle Behör­den an diese Vorga­ben des VwVfG gebun­den, zum Beispiel die Finanz­be­hör­den, obwohl gerade deren Beschei­den ein wenig Struk­tur gut täte. So begin­nen Steu­er­be­scheide stets mit Neben­be­stim­mun­gen anstatt mit dem Tenor.

  • freund­li­che, verständ­li­che, an den Empfän­ger orien­tierte Sprache
    • muss aber juris­tisch einwand­frei sein (Geset­zes­texte zwin­gen zu star­ren Formu­lie­run­gen, darum abwä­gen zwischen aus Geset­zen über­nom­me­ner und freier, besser verständ­li­cher Formulierung)
  • lange Sätze und umständ­li­che Formu­lie­run­gen vermeiden
  • private Empfän­ger benö­ti­gen ande­ren Stil als Firmen und Institutionen
  • ausführ­li­che Rechts­grund­la­gen und Fund­stel­len ans Ende stel­len (ein Satz wird unle­ser­lich, wenn darin ausführ­lich Vorschrif­ten­his­to­rie und Fundstellendefi­nitionen getrof­fen werden
    • besser: Kurz­form mit Hinweis auf Anlage)
  • wich­tige Passa­gen und Entschei­dun­gen hervor­he­ben (z. B. Fettdruck)
  • Empfän­ger soll auf den ers­­ten Blick erken­nen können, um was es geht und ob seinem Antrag entspro­chen wurde

Gliedern Sie Ihren Text!

Im Word-Teil von oerttel.net finden Sie ausrei­chend Tipps und Hinweise, wie Sie dazu vorgehen.
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Der Bescheid muss alle Infor­ma­tio­nen enthal­ten, die dem Empfän­ger ein Nach­voll­zie­hen ermöglichen:

  • Rechts­grund­la­gen zitie­ren, entwe­der im Fließ­text mit Bezug zur Entschei­dung (Begrün­dung) oder als Voll­zi­tat am Ende des Bescheids
  • Ermes­sen erläu­tern und Rechts­quelle für das Ermes­sen darstellen
  • Abwä­gun­gen verdeut­li­chen, dem Bürger verdeut­li­chen, warum so entschie­den wurde
  • Bescheid­text auf das Wesent­li­che konzentrieren
  • ergän­zende Infor­ma­tio­nen, die für den Bescheid­empfänger inter­es­sant und wich­tig sein können, nicht in den Text einbe­zie­hen, sondern als Anlage beifügen
  • Neben­be­stim­mun­gen nur auf den Fall bezo­gen einbrin­gen, Stan­dard-Aufla­gen­ka­ta­loge dem Einzel­fall anpassen
  • im Einzel­fall nicht zutref­fende Beleh­run­gen vermeiden
  • entschul­di­gen, wenn ein ange­foch­te­ner Bescheid fehler­haft war (aber erst nach der Rechtsbehelfsbelehrung!)

Sons­tige Aspekte

  • ggf. Verständ­nis wecken (bloße Ableh­nung erzeugt Aggression)
  • Alter­na­ti­ven aufzei­gen (Sofern nicht schon im Vorfeld gesche­hen, sollte bei Ableh­nun­gen erwähnt werden, welche ande­ren Möglich­kei­ten evtl. ziel­füh­rend wären.)

Hier habe ich einige Bescheide zusam­men­ge­tra­gen, die als Anre­gung wie auch als Abschre­ckung dienen können.

Text­lich und stilis­tisch gibt es an diesem Bescheid nur wenig auszu­set­zen. Aber die Details sind bedenk­lich (Liste rechts)

Es handelt sich bei fast allen Bean­stan­dun­gen „nur« um Klei­nig­kei­ten, doch sie wären samt und sonders ohne Aufwand vermeid­bar gewe­sen und werten in diesem geball­ten Auftre­ten den Bescheid total ab.

  1. Die Kopf­be­schrif­tung entspricht annä­hernd dem Berlin-Design; unklar bleibt, warum die folgen­den Texte mit einer Schrift gesetzt wurden, die optisch unschön und nicht gut zu lesen ist.
  2. Die Absen­der­an­gabe entspricht nicht der posta­li­schen Reihenfolge.
  3. In der Anschrift fehlen die Anre­den „Herrn« und „Frau«.
  4. Das Geschäfts­zei­chen ist mit einem Raster hinter­legt und damit schlecht lesbar.
  5. Die Kommu­ni­ka­ti­ons­an­ga­ben sind unvoll­stän­dig; mindes­tens der Name des zustän­di­gen Bear­bei­ters fehlt.
  6. »Berlin, den« ist lt. Geschäfts­ord­nung (GGO) nicht mehr üblich.
  7. Die Anrede ist unpersönlich.
  8. Der Bescheid enthält keinen Hinweis, warum er über­haupt erlas­sen wurde (von Amts wegen, auf Antrag?)
  9. Die nicht sehr deut­li­che Hervor­he­bung durch Sperr­schrift ließe sich bei Verwen­dung einer „anstän­di­gen« Schrift verbessern.
  10. Die VwVfG-Klau­sel wird hier völlig verkorkst wieder­ge­ge­ben, denn mit „Daten­ver­ar­bei­tungs­an­la­gen« wird schließ­lich der gesamte Schrift­ver­kehr abgewickelt.
  11. Die Gruß­for­mel steht abwei­chend von der GGO im Singular.
  12. Wenn man schon unter Hinweis auf das VwVfG nicht unter­schreibt, sollte man auf solche Mätz­chen verzichten.
  13. Die Rechts­quel­len sind zwar ange­ge­ben, aber nicht im Klar­text beigefügt.
  14. Die Wochen­tage abzu­kür­zen, ist bei einem Text­bau­stein nun wirk­lich keine Arbeitserleichterung.


Beson­ders krass erschei­nen Steu­er­be­scheide, zum einen ihres fach­sprach­li­chen Kauder­welschs wegen, den kaum ein Empfän­ger versteht, ande­rer­seits auch wegen des Aufbaus und der Optik, die jeden Typo­gra­phen ins Kissen beißen lässt.

Das folgende Beispiel habe ich in einzelne Blöcke zerlegt, um den Zusam­men­hang zwischen Bescheid und Kommen­tar zu wahren.

Vorbe­mer­kung: Die nun folgen­den Bean­stan­dun­gen mögen Ihnen teil­weise klein­ka­riert vorkom­men. Doch in der Summe machen auch bei diesem Beispiel die vielen klei­nen und großen Unzulänglichkeiten—teilweise sogar Verstöße
gegen Grund­sätze des Verwaltungsrechts—das aus, was zur Miss­stim­mung des Bürgers gegen­über dem Amt führt. Beden­ken Sie bitte: Jede dieser Unzu-
läng­lich­kei­ten hätte sich ohne nennens­wer­ten Aufwand vermei­den lassen! Warum also hat man sie nicht vermie­den? Gedan­ken­lo­sig­keit? Betriebs­blind­heit? Obrigkeitsdenken?

1. Zu einem Behör­den­brief gehört „anstän­di­ger« Brief­kopf. Es ist heute nicht mehr aktu­el­ler Stand der Tech­nik, in dieser Form vom ‑Corpo­rate Design« abzu­wei­chen. Zumin­dest das und eine annä­hernd der Vorgabe-Kopf­schrift entspre­chende Schrift sind immer tech­nisch möglich. 

Die selt­same »Treppe« im Kommu­ni­ka­ti­ons­block ist vermut­lich auf Desin­ter­esse des Entwick­lers beim Gestal­ten zurückzuführen.

Es ist deut­lich erkenn­bar, dass das Schrei­ben mit einem Laser­dru­cker erstellt wurde. deshalb hätte eine besser lesbare Schrift als diese Emula­tion eines Ketten­dru­ckers benutzt werden können. Für das Wort »Bescheid« hat man es schließ­lich auch geschafft, eine propor­tio­nale Schrift zu nehmen, aller­dings schlecht ausgerichtet. 

2. Die Über­schrift trifft nicht zu. Ein »Bescheid über die Einkom­men­steuer etc.« war bereits ergan­gen; es fehlt ein Hinweis, dass es sich um einen korri­gier­ten Bescheid auf Grund eines Einspruchs handelt.

3. Es fehlt eine Anrede. Wer hindert eigent­lich die Ämter daran, höflich mit den Bürgern umzugehen?

Der Empfän­ger erfährt zunächst nichts den Anlass des Bescheids. Eine Fest­set­zung war vor eini­gen Wochen erfolgt. Handelt es sich hier­bei um eine Neufest­set­zung? Wenn ja, warum wird das nicht deut­lich gesagt? Der einfüh­rende Satz »Der Bescheid ist nach 5 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geän­dert.« ist eher irri­tie­rend denn hilf­reich: da ein Verweis fehlt, kann eigent­lich nur der vorlie­gende Bescheid gemeint sein. Oder welcher sonst? Der, den Einspruch erho­ben wurde?

Der Hinweis auf die teil­weise Vorläu­fig­keit gehört nicht in den Tenor, sondern ist eine Nebenbestimmung.

Die zwei­mal zitierte Rechts­quelle »AO« wird weder lang­text­lich einge­führt, noch ist eine Fund­stelle ange­ge­ben oder gar der Inhalt der bezo­ge­nen Paragrafen.

4. Welchen Sinn macht die „tabel­la­ri­sche« Darstel­lung der Euro-Auswei­sung? Fließ­text täte es auch und würde den Bescheid nicht optisch zerglie­dern. (Gibt es eigent­lich eine kauf­män­ni­sche Rundung auch außer­halb EG-Rechts? Und falls ja, wie unter­schei­det sich diese von der genannten?)

5. In Verbin­dung mit der Erkennt­nis, dass ein Gutha­ben besteht, ist dieser Text­bau­stein über­flüs­sig. Da haben die Problem­ana­ly­ti­ker wieder mal die Plausi-Prüfung vergessen.

6. Am Ende der ersten Seite weiß der Empfän­ger immer noch nichts über den Anlass des Bescheids. 

7. Ein Zahlen­wust über fast die gesamte Seite! Eine ähnli­che Auflis­tung hat der Empfän­ger vor gerau­mer Zeit schon erhal­ten. An dem neuen Bescheid ist nicht erkenn­bar, welche Zahlen gegen­über dem Ursprungs­be­scheid geän­dert worden sind und warum.

Die mehr­fach zitierte Rechts­quelle »EStG« wird weder lang­text­lich einge­führt,
noch ist eine Fund­stelle ange­ge­ben oder gar der Inhalt der bezo­ge­nen Para­gra-
fen erläu­tert. (Mehr­auf­wand: wie zu Tz. 3)

Derar­tige Auflis­tun­gen stören den Lese­fluss erheb­lich, tragen aber nichts zur Verständ­lich­keit des Bescheids an sich bei. Warum werden solche Zahlen­ko­lon­nen nicht ausge­glie­dert und im Tenor nur die Ergeb­nisse zitiert? Nega­tive Rechts­fol­gen sind nicht zu befürch­ten, wenn im Bescheid ausdrück­lich auf die Anlage verwie­sen wird. 

8. Endlich! Nach fast zwei Seiten Hinter­grund­in­for­ma­tion kommt die eigent­lich wesent­li­che Aussage: Dieser Bescheid ist ein Ände­rungs­be­scheid und die Reak­tion auf ein Rechtsmittel.

Der Tenor steht in diesem Bescheid also am Ende der zur Begrün­dung gehö­ren­den Berech­nung in den Erläu­te­run­gen! Auch wenn das VwVfG in Steu­er­ver­fah­ren nicht unmit­tel­bar gilt, ist diese Auswei­sung doch zumin­dest bedenklich.

Die Einschät­zung, ob mit diesem Bescheid dem Anlie­gen des Empfän­gers wirk­lich entspro­chen wurde, sollte man diesem aber bitte selbst über­las­sen. So wie im Bescheid ausge­drückt, stellt das eine Anma­ßung der (obrig­keit­lich denken­den) Behörde dar. Nach der Syste­ma­tik des Verwal­tungs­ak­tes ist diese Aussage hier völlig fehl plat­ziert, auch sie gehört entwe­der in den Tenor, also an den Anfang des Beschei­des (wo sie dem Rechts­mit­tel unter­liegt!) oder als Hinweis an das Ende des Bescheids (wo sie unschäd­lich ist).

Ein paar Worte mehr in der Sache an sich wären sinn­vol­ler: Die bloße Neube­rech­nung stellt keine ausrei­chende Begrün­dung dar. Über konkrete Anga­ben würde sich der Empfän­ger sicher freuen, noch mehr noch über eine Entschul­di­gung für den fehler­haf­ten ersten Bescheid oder wenigs­tens eine Erklä­rung, warum der erste Bescheid fehler­haft war und was beide Seiten tun können, um so etwas beim nächs­ten Mal zu vermeiden. 

9. In der Begrün­dung taucht ein Verfahrens­hin­weis zu der teil­wei­sen Vorläufigkeit auf. Was hat der in der Begründung zu suchen? Der gehört entwe­der in die ergän­zen­den Hinweise nach der
Rechts­be­helfs­be­leh­rung oder unmittelbar zur Erklä­rung der Vorläu­fig­keit (Neben­be­stim­mung). 
Auch der freund­li­che Hinweis, dass der Steu­er­be­scheid ein Einkom­mens­nachweis ist, ist hier fehl am Platz, er gehört nun auf jeden Fall ganz nach hinten.

10. Die dritte Seite des Bescheids ist nun der satz­tech­ni­sche Knül­ler schlecht­hin. Zwei­spal­tig­keit ist der Lesbar­keit ja dien­lich, doch aber bitte nicht mit mäandern­den Textabschnitten.

11. Die verschie­de­nen Alter­na­ti­ven für die konfes­sio­nell unter­schied­li­chen Rechtsmittel gehen im Fließ­text unter. Der Text müsste besser struk­tu­riert werden oder zumin­dest durch Blick­fän­ger zur rich­ti­gen Text­stelle führen. 

Noch besser wäre natür­lich, wenn nur die zutref­fen­den konfes­sio­nel­len Hinweise abge­druckt würden. Da die Konfes­sion bei der Steu­er­fest­set­zung berück­sich­tigt wird, ist hier lediglich ein beding­ter Baustein­ein­zug erfor­der­lich. (Mehr­auf­wand: eine Zeile
beim Coding des Verfah­rens; aber: Papier­ein­spa­rung zu Guns­ten der Rechtsquel­len­zi­tate)

12. Diese Hinweise tref­fen im Falle des Gutha­ben-Beschei­des nicht zu. Im Zeit­al­ter mode­mer Daten­tech­nik – und die gibt es auch bei den Finanz­be­hör­den mitt­lerweile – kann der Bürger erwar­ten, dass die Text­bau­steine eines Beschei­des korrekt auf den Einzel­fall bezo­gen selek­tiert werden. (Mehr­auf­wand: eine Zeile
beim Coding des Verfah­rens; aber: Papier­ein­spa­rung zu Guns­ten der Rechtsquel­len­zi­tate, aber das sagte ich wohl bereits)

13. Was ist das denn bitte? Ein Siegel etwa? Soll wohl so was ähnli­ches sein, um der ansons­ten nicht sehr amtlich wirken­den Massen­druck­sa­che einen offi­zi­el­len Charakter zu verlei­hen. Eine Unter­schrift, einge­lei­tet mit freund­li­chen Grüßen, wäre aber sicher zutref­fen­der an dieser Stelle und entsprä­che auch mehr den Gepflogenhei­ten der Korre­spon­denz. Während es sich eine Versi­che­rung leis­ten kann, selbst lapi­darste Mittei­lun­gen mit zwei­mal ppa. unter­schrei­ben zu lassen (na gut, Faksi­mile, aber immer­hin erkennt man den guten Willen), greift „Vater Staat« seinen Bürgern ohne Unter­schrift mal eben in die Tasche. 

Und so könnte derselbe Steu­er­be­scheid aussehen:

Merksätze zur Bescheidqualität

  • Ein Bescheid ist nur dann gelun­gen, wenn der Empfän­ger ihn verste­hen kann, ohne weitere Unter­la­gen zu Hilfe zu nehmen. 
  • Der Empfän­ger Ihres Beschei­des ist Ihr Kunde! Ihm kann nicht zuge­mu­tet werden, zum Verständ­nis Ihres Beschei­des erst in die Stadt­bü­che­rei zu gehen, um sich dort die einschlä­gige Fach­li­te­ra­tur auszu­lei­hen. (Deshalb sind bezo­gene Vorschrif­ten im Text zu erläu­tern und/​oder als Text­aus­zug beizu­fü­gen.)1
  • Versu­chen Sie sich beim Abfas­sen eines Beschei­des in die Lage des Empfän­gers zu verset­zen. Könn­ten Sie Ihren Bescheid ohne Ihr Exper­ten­wis­sen verstehen?
  • Erin­nern Sie sich bitte daran, was Sie empfun­den haben, als Sie das letzte Mal einen Bescheid einer Behörde, Bank, Versi­che­rung o.ä. erhiel­ten. War dieser Bescheid für Sie sofort und umfas­send verständlich?
  • Wenn Sie einen Bescheid revi­die­ren müssen, soll­ten Sie Mut zum Fehler­be­kennt­nis haben! Entschul­di­gen Sie sich beim Empfän­ger; immer­hin hatte er zusätz­li­che Aufwen­dun­gen, die er nicht gehabt hätte, wenn der ursprüng­li­che Bescheid fehler­frei gewe­sen wäre.

1 Ergän­zung zwecks Anpas­sung an die tech­ni­sche Entwick­lung (Stand 2024):

Nahezu jeder Bürger besitzt heut­zu­tage ein Smart­phone, mit dem QR-Codes gele­sen werden können.

Erstel­len Sie Barcodes der Websei­ten mit den von Ihnen zu zitie­ren­den Vorschrif­ten und fügen Sie die dem Text an. So ist der Empfän­ger in der Lage, auf die aktu­elle Fassung der heran­ge­zo­ge­nen Vorschrift zuzu­grei­fen und Sie erspa­ren sich das Anfü­gen der Vorschrif­ten im Volltext.

Wie erstellen Sie einen QR-Code?

Jeder Brow­ser besitzt eine Funk­tion zur Erstel­lung eines QR-Codes zur aktu­el­len Seite, der sich per Zwischen­ab­lage in Ihr Doku­ment einfü­gen lässt, hier am Beispiel Micro­soft Edge:

  1. Öffnen Sie im Webbrow­ser die Seite mit der Vorschrift.
  2. Rechts­kli­cken Sie an eine belie­bige Stelle im Fenster.
  3. Wählen Sie im Kontext­menü QR-Code für diese Seite gene­rie­ren (in ande­ren Brow­sern ähnlich).
  4. Der Brow­ser erstellt den QR-Code, den Sie kopie­ren können.