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Post vom Amt: der Bescheid

Sobald sich die Behörde dem Bürger hoheit­lich nähert, »ergeht ein Bescheid«.

Der Bescheid ist die im Verwal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz gere­gelte Form des schrift­li­chen »Verwal­tungs­ak­tes«,
also des förm­li­chen Schrift­ver­kehrs der Behörden.

Erkennt­nisse:

  1. Bei meinen Kursen, in denen es eigent­lich um die Quali­tät des Schrift­ver­kehrs ging, musste ich leider immer wieder fest­stel­len, dass bei vielen Bear­bei­tern in Ordnungs­ver­wal­tun­gen Unklar­heit über die wich­tigs­ten Regeln des VwVfG besteht, z. B. über den Aufbau, was durch­aus auch im Kontext mit dem Thema der Kurse steht.
  2. Die dies­be­züg­li­chen Vorga­ben des VwVfG sind auch für den sons­ti­gen Schrift­ver­kehr ein guter Leitfaden.

Ein Leitfaden für Bescheide

Vor etli­chen Jahren durfte ich bei der Senats­ver­wal­tung für Stadt­ent­wick­lung eine Arbeits­gruppe (Quali­täts­zir­kel) mode­rie­ren, die sich mit der Quali­tät der Bescheide dieser an ordnungs­be­hörd­li­chen Aufga­ben viel­fäl­ti­gen Verwal­tung beschäftigte.

Dabei heraus gekom­men ist ein Leit­fa­den, den die Arbeits­gruppe einver­nehm­lich als »öffent­lich« dekla­rierte, weshalb ich diese Ergeb­nisse – ergänzt um einschlä­gige Kurs­un­ter­la­gen – auch hier zur allge­mei­nen Nutzung publiziere.

Zur besse­ren Über­sicht sind die Texte auf mehrere Seiten verteilt, eine kompakte PDF-Fassung können Sie mit dem Link rechts aufrufen.

  • Für jedes nach außen gerich­tete Schrift­stück ist der für das Haus vorge­ge­bene Brief­kopf zu benut­zen (ko-Bedin­gung).
  • Benen­nen Sie in den Kommu­ni­ka­ti­ons­an­ga­ben die/​den zuständige(n) Sachbearbeiter/​in, die/​der bei Anruf unmit­tel­bar zweck­dien­li­che Auskünfte ertei­len kann.
  • Geben Sie dazu vorhan­dene Kommu­ni­ka­ti­ons­mit­tel (Fon, Fax, E‑Mail, Anruf­be­ant­wor­ter, Handy) voll­stän­dig an.
  • Verwen­den Sie eine gut lesbare, sach­lich er­schei­nen­de Schrift mit mindes­tens 11pt Größe. Die in den meis­ten Text­pro­gram­men übli­che Grund­ein­stel­lung der Schrift Times New Roman mit 10pt entspricht weder von der Schrift­art noch von der Schrift­größe her den Mindestanforde­run­­gen an gut lesbare Korrespondenz.
  • Stel­len Sie bei der Korre­spon­denz mit Behör­den, Firmen und Insti­tu­tio­nen ein Betreff voran, in dem auch auf vorlie­gende Be­zugskorrespondenz einge­gan­gen wird.
  • Auf die alther­ge­brach­ten Kürzel „Betr.“ und „Vorg.“ wird verzich­tet, die Betreff­zei­len sind optisch vom Text abzu­he­ben, z.B. durch Abstand und Fettdruck.
  • Stel­len Sie im Betreff die notwen­di­gen Anga­ben mög­­lichst knapp, aber ausrei­chend dar, eine stich­wort­ar­tige, ziel­ge­rich­tete Darstel­lung des Sach­ver­halts ist ausufern­den mehr­zei­li­gen Hinwei­sen vorzu­zie­hen. („So kurz wie möglich, so ausführ­lich wie nötig.“)
  • Jeder Brief bedarf einer persön­li­chen Anrede. Auch bei Seri­en­brie­fen stellt es über­haupt kein Problem dar, den bereits in der An­schrift verwen­de­ten Namen in der An­re­de zu wiederholen.
  • Brin­gen Sie möglichst zu Beginn des Schrei­bens deut­lich zum Ausdruck, wo­rum es geht (Genehmi­gung, Ableh­nung etc.). Heben Sie erfor­der­li­chen­falls ein ent­spre­chen­des Schlag­wort im Text durch Fett­druck hervor, damit der Empfän­ger sofort er­kennt, weswe­gen Sie ihn anschreiben.
  • Numme­rie­ren Sie bei län­geren Schrei­ben die Seiten.
  • Wenn der Text länger wird, glie­dern Sie ihn und verwen­den Sie ggf. Über­schrif­ten, die die Orien­tie­rung erleichtern.
  • Wenn Sie Über­schrif­ten verwen­den, achten Sie bei der Rein­schrift darauf, dass die Über­schrift auch bei dem zuge­hö­ri­gen ers­ten Absatz steht und nicht durch einen Seiten­wech­sel getrennt ist. (Tipp: Schal­ten Sie in Winword die Funk­tio­nen der Absatz­kon­trolle ein: Format–Absatz, Regis­ter „Text­fluss“.)
  • Wenn Sie nicht gängige Abkür­zun­gen verwen­den, führen Sie diese bitte bei der ersten Verwen­dung ein.
  • Jedes Schrei­ben ist mit einer Gruß­for­mel zu be­en­den, entwe­der „Mit freund­lichen Grüßen“ oder „Hoch­achtungs­voll“; in Abhän­gig­keit von der Funk­tion des Schluss­zeich­nen­den ggf. gefolgt von „Im Auf­trag“ bzw. „In Vertre­tung“ in der nächs­ten Zeile.
  • Unter der Unter­schrift wird der Name der/​des Unter­schrei­ben­den in Ma­schi­nen­schrift wieder­holt, auch bei leser­li­chen Unter­schrif­ten und auch, wenn die/​der im Kopf ange­ge­bene Sachbearbeiter/​in selbst unterschreibt.
  • Auch bei Seri­en­brie­fen muss nicht auf eine Unter­schrift verzich­tet werden. Han­delt es sich nur um eine geringe An­zahl von Brie­fen, ist es durch­aus zumut­bar, alle Briefe von Hand zu unter­schrei­ben. Bei einem erheb­lich größe­ren Aufkom­men ist der Abdruck einer ge­scann­ten Unter­schrift wesent­lich verbind­li­cher als der lapi­dare Hinweis, dass die Unter­schrift fehlt, weil das Schrei­ben mit einem Compu­ter herge­stellt wurde. (Fast jedes Schrei­ben wird heute mit einem Com­puter hergestellt!)

Grundsätzliche (gesetzliche) Anforderungen an einen Bescheid

Das Verwal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz gibt einige Mindest­an­for­de­run­gen an Bescheide und ihren Aufbau vor, die hier in gestraff­ter Form aufge­lis­tet sind:

  1. Rich­ti­ger Adres­sat /​Zustel­lungs­art (Dazu gehört auch die korrekte Schrei­bung von Name und Anschrift!)
  2. Bezeich­nung des Verwaltungsaktes
  3. Entschei­dung (Tenor)
  4. Neben­be­stim­mun­gen (geglie­dert)
  5. Begrün­dung
  6. Recht­li­che Grundlagen
  7. Entschei­dung und Neben­be­stim­mun­gen erläu­tern /​begrün­den
  8. Ermes­sens­aus­übung darstellen
  9. Anhö­rung nach §28 VwVfG auswer­ten /​Öffentlichkeitsbeteili­gung
  10. ggf. Zwangsmittelandro­hung (Be­grün­dung)
  11. ggf. Gebüh­ren­fest­set­zung /​geson­der­ter Bescheid
  12. ggf. Rechts­be­helfs­be­leh­rung als Bestand­teil des Bescheids (nicht als Anlage beifü­gen, da dann Nach­weis der erfolg­ten Beleh­rung schwierig)
  13. ggf. Anord­nung der sofor­ti­gen Voll­zie­hung (mit Begründung)
  14. Hinweise
  15. Fund­stel­len
  16. Anla­gen
  17. Unter­schrift

Die Numme­rie­rung ist wich­tig; in dieser Reihen­folge sollte ein Bescheid aufge­baut sein.


Anmer­kung:

Selt­sa­mer­weise sind nicht alle Behör­den an diese Vorga­ben des VwVfG gebun­den, zum Beispiel die Finanz­be­hör­den, obwohl gerade deren Beschei­den ein wenig Struk­tur gut täte. So begin­nen Steu­er­be­scheide stets mit Neben­be­stim­mun­gen anstatt mit dem Tenor.

  • freund­li­che, verständ­li­che, an den Empfän­ger orien­tierte Sprache
    • muss aber juris­tisch einwand­frei sein (Geset­zes­texte zwin­gen zu star­ren Formu­lie­run­gen, darum abwä­gen zwischen aus Geset­zen über­nom­me­ner und freier, besser verständ­li­cher Formulierung)
  • lange Sätze und umständ­li­che Formu­lie­run­gen vermeiden
  • private Empfän­ger benö­ti­gen ande­ren Stil als Firmen und Institutionen
  • ausführ­li­che Rechts­grund­la­gen und Fund­stel­len ans Ende stel­len (ein Satz wird unle­ser­lich, wenn darin ausführ­lich Vorschrif­ten­his­to­rie und Fundstellendefi­nitionen getrof­fen werden
    • besser: Kurz­form mit Hinweis auf Anlage)
  • wich­tige Passa­gen und Entschei­dun­gen hervor­he­ben (z. B. Fettdruck)
  • Empfän­ger soll auf den ers­­ten Blick erken­nen können, um was es geht und ob seinem Antrag entspro­chen wurde

Gliedern Sie Ihren Text!

Im Word-Teil von oerttel.net finden Sie ausrei­chend Tipps und Hinweise, wie Sie dazu vorgehen.
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Der Bescheid muss alle Infor­ma­tio­nen enthal­ten, die dem Empfän­ger ein Nach­voll­zie­hen ermöglichen:

  • Rechts­grund­la­gen zitie­ren, entwe­der im Fließ­text mit Bezug zur Entschei­dung (Begrün­dung) oder als Voll­zi­tat am Ende des Bescheids
  • Ermes­sen erläu­tern und Rechts­quelle für das Ermes­sen darstellen
  • Abwä­gun­gen verdeut­li­chen, dem Bürger verdeut­li­chen, warum so entschie­den wurde
  • Bescheid­text auf das Wesent­li­che konzentrieren
  • ergän­zende Infor­ma­tio­nen, die für den Bescheid­empfänger inter­es­sant und wich­tig sein können, nicht in den Text einbe­zie­hen, sondern als Anlage beifügen
  • Neben­be­stim­mun­gen nur auf den Fall bezo­gen einbrin­gen, Stan­dard-Aufla­gen­ka­ta­loge dem Einzel­fall anpassen
  • im Einzel­fall nicht zutref­fende Beleh­run­gen vermeiden
  • entschul­di­gen, wenn ein ange­foch­te­ner Bescheid fehler­haft war (aber erst nach der Rechtsbehelfsbelehrung!)

Sons­tige Aspekte

  • ggf. Verständ­nis wecken (bloße Ableh­nung erzeugt Aggression)
  • Alter­na­ti­ven aufzei­gen (Sofern nicht schon im Vorfeld gesche­hen, sollte bei Ableh­nun­gen erwähnt werden, welche ande­ren Möglich­kei­ten evtl. ziel­füh­rend wären.)

Merksätze zur Bescheidqualität

  • Ein Bescheid ist nur dann gelun­gen, wenn der Empfän­ger ihn verste­hen kann, ohne weitere Unter­la­gen zu Hilfe zu nehmen. 
  • Der Empfän­ger Ihres Beschei­des ist Ihr Kunde! Ihm kann nicht zuge­mu­tet werden, zum Verständ­nis Ihres Beschei­des erst in die Stadt­bü­che­rei zu gehen, um sich dort die einschlä­gige Fach­li­te­ra­tur auszu­lei­hen. (Deshalb sind bezo­gene Vorschrif­ten im Text zu erläu­tern und/​oder als Text­aus­zug beizu­fü­gen.)1
  • Versu­chen Sie sich beim Abfas­sen eines Beschei­des in die Lage des Empfän­gers zu verset­zen. Könn­ten Sie Ihren Bescheid ohne Ihr Exper­ten­wis­sen verstehen?
  • Erin­nern Sie sich bitte daran, was Sie empfun­den haben, als Sie das letzte Mal einen Bescheid einer Behörde, Bank, Versi­che­rung o.ä. erhiel­ten. War dieser Bescheid für Sie sofort und umfas­send verständlich?
  • Wenn Sie einen Bescheid revi­die­ren müssen, soll­ten Sie Mut zum Fehler­be­kennt­nis haben! Entschul­di­gen Sie sich beim Empfän­ger; immer­hin hatte er zusätz­li­che Aufwen­dun­gen, die er nicht gehabt hätte, wenn der ursprüng­li­che Bescheid fehler­frei gewe­sen wäre.

1 Ergän­zung zwecks Anpas­sung an die tech­ni­sche Entwick­lung (Stand 2024):

Nahezu jeder Bürger besitzt heut­zu­tage ein Smart­phone, mit dem QR-Codes gele­sen werden können.

Erstel­len Sie Barcodes der Websei­ten mit den von Ihnen zu zitie­ren­den Vorschrif­ten und fügen Sie die dem Text an. So ist der Empfän­ger in der Lage, auf die aktu­elle Fassung der heran­ge­zo­ge­nen Vorschrift zuzu­grei­fen und Sie erspa­ren sich das Anfü­gen der Vorschrif­ten im Volltext.

Wie erstellen Sie einen QR-Code?

Jeder Brow­ser besitzt eine Funk­tion zur Erstel­lung eines QR-Codes zur aktu­el­len Seite, der sich per Zwischen­ab­lage in Ihr Doku­ment einfü­gen lässt, hier am Beispiel Micro­soft Edge:

  1. Öffnen Sie im Webbrow­ser die Seite mit der Vorschrift.
  2. Rechts­kli­cken Sie an eine belie­bige Stelle im Fenster.
  3. Wählen Sie im Kontext­menü QR-Code für diese Seite gene­rie­ren (in ande­ren Brow­sern ähnlich).
  4. Der Brow­ser erstellt den QR-Code, den Sie kopie­ren können.