Integrierte Schaltungen
Seit der Erfindung des Transistors hat keine Entwicklung im Elektronik-Bereich die Welt so verändert wie die integrierten Schaltungen (integrated circuit – IC). Mit dieser Technologie, deren Möglichkeiten auch heute noch nicht ausgereizt sind, ist man in der Lage, komplexe Schaltungen mit tausenden Elementen auf einem winzigen Siliziumkristall unterzubringen. Das ist nicht nur platzsparend gegenüber dem Aufbau aus diskreten Einzelbauteilen, sondern vereinfacht auch die Konstruktion.
So ein IC ist in der landläufigen Vorstellung ein kleines schwarzes Plastikteil mit seitlich heraus ragenden und nach unten abgewinkelten Anschluss-„Beinchen“, genannt Pins. Das ist aber nur eine von vielen unterschiedlichen IC-Gehäuseformen, wenn auch die verbreitetste. Sie wird als dual inline package bezeichnetund mit DIP oder DIL abgekürzt.
Neben dem DIL-Gehäuse gibt es die SIP- oder SIM-Gehäuse (single inline package, single inline module), bei denen die Pins in einer Reihe angeordnet sind, außerdem die schon von den Transistoren bekannten TO- und SOT-Gehäuse sowie einige weitere spezielle Formen für Spezialfassungen. Die Art des Gehäuses sagt wenig aus über die Funktion(en) des darin steckenden Chips. Ohne Typentabelle ist man hier total aufgeschmissen.
Der erste Eindruck ist verwirrend ob deren Vielfalt. Ebenso beeindruckend ist die Vielfalt von Bezeichnungen: Timer-IC, OpAmp, Logik-Chips, TTL-Chips, C‑MOS, Linear-IC, Optokoppler, Flash-EPROMs und und und …
Manche IC sind universell einsetzbar, etliche auf sehr spezielle Anwendungen beschränkt und inzwischen sogar solche, die speziell für Modellbahnzwecke entwickelt wurden.
Das wichtigste Kriterium zur Identifikation eines IC ist seine Nummer. Die wird in der Regel noch mit ein paar Buchstaben garniert, doch das sind dann Hersteller- oder Varianten-Kennzeichen. IC mit gleicher Nummer haben gleiche Funktionen. Bei der Vergabe der Nummer gibt es keinerlei Ordnungskriterien, IC mit ähnlichen oder auf einander folgenden Nummern müssen keinerlei Ähnlichkeit in ihren Funktionen aufweisen.
Die Anschlussbeinchen, Pins genannt, werden reihum nach folgendem Schema nummeriert:
An einer Schmalseite des IC finden Sie eine halbkreisförmige Vertiefung. Wenn Sie den IC so halten, dass diese Markierung nach oben weist, liegt links davon Pin 1. Die weiteren Pins werden nun entgegen dem Uhrzeigersinn durchnummeriert, so dass man rechts von der Markierung mit der höchsten Nummer wieder ankommt.
Seltenere Markierungsformen sind eine kreisförmige Vertiefung oder ein aufgedruckter Punkt unmittelbar neben Pin 1. Die DIL-Gehäuse begegnen uns in der Regel mit 4, 6, 8, 14 oder 16 Pins. Es gibt auch noch größere, doch dabei handelt es sich dann um Spezialisten, die für unsere Zwecke selten von Belang sind.
In Schaltplänen werden IC als Rechtecke dargestellt, deren Anschlusslage der übersichtlichsten Darstellung folgt und nicht mit der tatsächlichen Lage am Bauteil übereinstimmt. Die Pin-Nummern stehen neben den Anschlusslinien, sie Bild rechts.
Die Versorgungsanschlüsse werden im Schaltplan meist weggelassen, weil selbstverständlich.
Der erste Eindruck der IC ist verwirrend ob deren Vielfalt. Da gibt es welche, die die Spannung regeln, andere wiederum spielen Geräusche, Sprache oder Melodien über einen Lautsprecher ab, wieder andere ersetzen diskrete Schaltungen mit interessanten zusätzlichen Features, und und und …
Ebenso beeindruckend ist die Vielfalt von Bezeichnungen: Timer-IC, OpAmp, Logik-Chips, TTL-Chips, C‑MOS, Linear-IC, Optokoppler, Flash-EPROMs und und und …
Am größten ist die Vielfalt der Funktionen bei den Linear-IC. Eigentlich ist die Bezeichnung so zu deuten, dass auf einer Seite etwas hinein geschickt wird, dort „linear“ (was immer das auch bedeuten mag) bearbeitet wird und am anderen Ende in veränderter Form wieder heraus kommt. Diese Klassifizierung mag auch einmal zugetroffen haben, doch mittlerweile ist der Bereich „Linear-IC“ in den Katalogen ein Sammelbecken unterschiedlichster Schaltungen für viele verschiedene Zwecke. Die Palette reicht von Spannungsreglern über Präzisionstimer, Lampendimmer und Operationsverstärker bis hin zu kompletten Tonfrequenz-Verstärkermodulen und Vogelstimmen-Generatoren, und das ist nur eine ganz kleine, unrepräsentative Auswahl.
Im Bereich der Logikschaltungen begegnet man zwei unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien: TTL und CMOS. TTL steht für Transistor-Transistor-Logik und stellt die Urform integrierter Logikschaltungen dar.
Speziell für TTL ist zu beachten, dass sie sehr wählerisch bei der Betriebsspannung sind. Sie hätten gern möglichst genau 5 V, eine Abweichung von ±10% wird gerade noch akzeptiert, alles was unter 4,5 V liegt, führt zu Fehlfunktionen, über 5,5 V zur Zerstörung des Innenlebens! Da wir Modellbahner ja hauptsächlich mit Betriebsspannungen von 9 V aufwärts zu tun haben, müssen bei der Verwendung von TTL-Schaltungen besondere Maßnahmen getroffen werden, um die Kommunikation zwischen den Komponenten mit unterschiedlicher Betriebsspannung herzustellen. Das erhöht den Schaltungsaufwand, weshalb die TTL-Familie nicht unbedingt die probate Lösung für uns ist und CMOS-Logikschalktungen empfehlenswerter sind.
Ein wichtiger Punkt beim Umgang mit TTL ist die Notwendigkeit, unbenutzte Eingänge zu sichern, sprich dauerhaft mit Plus oder Minus (abhängig von der unterschiedlichen Funktion) zu verbinden, um Störungen zu vermeiden.
Noch eine Besonderheit der TTL-Technik soll hier erwähnt werden: der offene Kollektor. Üblicherweise werden intern an die Ausgänge einer Logikschaltung Pull-Widerstände gelegt, um klare Spannungsverhältnisse für die nachfolgende Schaltstufe zu erzeugen. Einige TTL-Chips sind aber ohne diesen Zusatz ausgeführt, der Ausgang kommt also direkt und ohne Abzweig vom Kollektor des letzten Transistors im »Gatter«. (Der Begriff Gatter kennzeichnet jeweils eine in sich geschlossene Schaltung, deren es fast immer mehrere in einem IC gibt.) Diese Sonderform ist für spezielle Anwendungen vorgesehen und ebenfalls nur durch einen Blick in die Typenliste erkennbar.
TTL-Chips verfügen über eine annähernd systematische Typenbezeichnung, die in der Regel mit dem Buchstabenpaar SN beginnt und von einer vier- oder fünfstelligen Zahl gefolgt wird, deren erste Ziffern 74 lauten. Die Funktion des Chips ergibt sich anhand einer Typentabelle aus den folgenden Ziffern. Eine Unterart der TTL-Chips ist die Gruppe der Low Power Schottky Chips. Sie erkennen Sie daran, dass die Ziffernkombination durch die Buchstaben LS unterbrochen ist. Wie der Name schon sagt, handelt es sich hier um besonders verbrauchsgünstige Ausführungen, was den logischen Schluss zulässt, dass die normalen SN74xx vergleichsweise Stromfresser sind. Schottky-TTL und Normaltypen sind bei gleicher Endnummer voll kompatibel, können also beliebig gegeneinander ausgetauscht werden (z.B. SN7401 gegen SN74LS01).
Wie üblich, gibt es auch hier wieder Ausnahmen, nicht jeder SN ist ein TTL, auch einige CMOS-Typen beginnen mit diesen Buchstaben, dann allerdings nicht mit der Zahl 74 kombiniert.
Eine für Modellbahner wesentlich besser angepasste IC-Familie sind die CMOS-IC (CMOS = Complementary Metal Oxide Semiconductor = Komplementäre Metall-Oxid-Halbleiter). Sie besitzen gegenüber den TTL-Typen einige erhebliche Vorteile. So zeichnen sie sich durch besonders niedrigen Stromverbrauch aus. Für uns Modellbahner besonders erfreulich ist ihre Versorgungsspannung, die zwischen 3 und 15 V liegen darf, womit sie also für unsere Standard-Versorgung von 12 bis 14 V ohne besondere Anpassungen hervorragend zu gebrauchen sind.
Ein »Nachteil« darf allerdings nicht verschwiegen werden: CMOS sind echte Sensibelchen gegenüber statischer Aufladung. So eine statische Spannungsentladung kann leicht zur Zerstörung eines solchen Bausteins führen. Deshalb werden CMOS-IC auch immer in elektrisch leitenden Polstern verwahrt, die für eine dauernde gegenseitige Entladung der Kontakte sorgen. Beim Verarbeiten sollten Sie entsprechende Vorsicht walten lassen und niemals ungeschützt die Pins berühren. Sicherheitsbewusste Profis erden sich selbst mit einer speziellen Manschette, die über ein Kabel mit der Wasserleitung oder dem Schutzleiter des Stromnetzes verbunden wird. (Ein persönlicher Hinweis: Ich habe in meiner langjährigen Praxis als Elektronik-Bastler schon etliche CMOS-Bausteine verarbeitet, war dabei nie geerdet und habe dennoch bisher nicht einen Chip durch statische Elektrizität zerschossen.)
Ein weiteres Argument von Elektronik-Freaks gegen CMOS-Bausteine ist ihre Langsamkeit. Zugegeben, TTL arbeiten schneller, doch der Unterschied kommt nur in der Computertechnik zum Tragen, für unsere Belange ist selbst der langsamste CMOS noch schnell genug.
Auch CMOS-IC sind in DIL-Gehäuse eingebaut. Die CMOS-Logik-IC der Standard-Version verfügen über keinen Kennbuchstaben, sondern nur eine vier- oder selten fünfstellige Zahl, die meist mit der Ziffer 4 beginnt. CMOS-Technik ist aber im Gegensatz zu TTL nicht auf Logik-IC beschränkt, sondern findet sich in quasi allen Anwendungsbereichen wieder. Zahlreiche Linear-IC gibt es neben der herkömmlichen Standard-Variante auch als CMOS-Version.
Im Logik-Bereich decken Funktionen von TTL und CMOS häufig den selben Anwendungsbereich ab. Lassen Sie sich aber von dieser Parallelität nicht täuschen! Sie sind nicht in allen Fällen Pin-kompatibel! Der Austausch eines TTL-Chips gegen sein CMOS-Pendant ist also nicht so einfach möglich. Ein Blick in die Tabellenwerke verhütet Überraschungen. Rein technisch ist dieser Austausch möglich, weil die Betriebsspannung eines TTL-Chips innerhalb des für CMOS gültigen Spannungsbereichs liegt. Umgekehrt ist der Austausch schon riskanter, denn auf CMOS abgestellte Schaltungen sind nur höchst selten sauber auf die für TTL benötigte Spannung eingerichtet.
Es gibt dann noch die so genannten High Speed CMOS. Sie sind quasi das Pendant zu den Schottky-Typen bei TTL und nähern sich mit ihrer Geschwindigkeit dem TTL-Standard an, während die Schottkys den Stromverbrauch von TTL an das CMOS-Niveau bringen sollen. Die Zuordnung der Pins in diesen Bausteinen orientiert sich an den TTL-Bausteinen, sodass sie voll kompatibel zu den TTL mit gleicher Endnummer sind, aber nicht zu ihren CMOS-Brüdern! Das alles auch noch auf Kosten der Betriebsspannung, die hier TTL-ähnlich auf einen Bereich von 2 bis 6 V eingegrenzt ist.
Diese Unterart erkennen Sie an Typennummern, die nach dem Schema 74HCxx oder 74HCTxx aufgebaut sind. Interessant können diese Typen als SMD-Version in Schaltungen für das Faller car system sein, wo es auf geringen Spannungsbedarf ankommt. Für Normalanwendungen bleibt es bei meiner schon ausgesprochenen Empfehlung für CMOS.
Ich gebe es zu, er ist mein besonderer Liebling unter den integrierten Schaltungen, der NE 555. Dieses Teil ist für uns als Modellbahner einfach wie geschaffen – obwohl seine Entwickler ganz andere Zwecke im Auge hatten. Aber er ist ein Universal-IC mit vielfältigen Funktionen, was ihn für den Einsatz in verschiedensten Bereichen prädestiniert, eben auch im Modellbau.
NE 555 ermöglicht Varianten von Kippschaltungen, und das in einem kleinen Plastikkästchen von nicht mal einem Quadratzentimeter Fläche mit acht Beinchen unten dran. In Katalogen und Typenlisten finden Sie ihn unter der Bezeichnung „Multitimer“ oder „Universaltimer“, doch diese Spezialisierung wird dem Winzling nicht gerecht.
Zieht man von den acht Pins die zwei für die Stromversorgung ab, bleiben ganze sechs Funktionsanschlüsse, um diese Aufgabenvielfalt zu bewältigen. Beim NE 555 ist der Anschluss für negatives Versorgungspotential untypisch auf Pin 1 und nicht diagonal gegenüber dem positiven Anschluss!
NE 555 arbeitet mit Betriebsspannungen zwischen 4,5 und 16 V, unser bevorzugter Spannungsbereich in der Modellbahnelektronik liegt also innerhalb der Toleranz. Unterhalb dieses Spannungsbereichs arbeitet er auch noch, doch nicht unbedingt störungssicher.
Für niedrigere Betriebsspannungen gibt es aber eine CMOS-Version mit der Bezeichnung ICM 7555.
Der Ausgang an Pin 3 liefert zwei verschiedene Schaltzustände, indem er entweder positives oder negatives Versorgungspotential durchreicht. Der Ausgang gilt als gesetzt, wenn er positiv ist. Mit 200 mA ist er einigermaßen gut belastbar, das reicht für einige LED oder Lämpchen, nur beim Ansteuern von Magnetartikeln wird eine Verstärkerstufe benötigt; dafür genügt ein einsamer Leistungstransistor.
Neben dem NE 555 gibt es die verdoppelte Version NE 556 im DIL14-Gehäuse, die zwei komplette 555er in einem Chip vereinigt. NE 556 erleichtert das Schaltungsdesign, wenn zwei 555er in einer Schaltung benötigt werden.
Die simpelste Kippschaltung erklärt die wesentlichen Funktionen des NE 555.
Ungesetzt liefert der Ausgang (Pin 3) negatives Potential. Getriggert wird negativ an Pin 2 (Set); das veranlasst den Ausgang, von Minus auf Plus zu springen. Triggern Sie Pin 4 (Reset), fällt der Ausgang auf negatives Potential zurück.
Der Reset-Anschluss genießt Priorität gegenüber dem Set-Anschluss. Nur wenn an Pin 4 positive oder gar keine Spannung anliegt, lässt sich das Flipflop setzen, eine in gewissen Situationen durchaus nützliche Eigenschaft.
Alles was unter 1/3 der Betriebsspannung ist, gilt als negativ. Alles was oberhalb von 2/3 der Betriebsspannung liegt, wird als positiv angesehen. Simpel und leicht zu rechnen. Problematisch wird es nur in dem Bereich zwischen 1/3 und 2/3, das ist eine Grauzone, in der man nicht sicher vorhersagen kann, wie der IC reagiert. In den für Modellbahnzwecke üblichen Anwendungen gibt es derartige Zweifelsfälle jedoch nicht.
Die Fähigkeit des 555, auf Eingangspotentiale über 2/3 und unter 1/3 der Versorgungsspannung mit einem knallharten Umschalten am Ausgang zu reagieren, ist vergleichbar einem Schmitt-Trigger. Der Bereich zwischen den klar definierten Pegeln ist die für Schmitt-Trigger typische Hysterese.
Die beim Flipflop beschriebenen Schaltschwellen erlauben auch Kondensator-Ladezustände zum Schalten heranzuziehen.
Pin 6 ist eigentlich ebenfalls ein Trigger-Eingang. Im Gegensatz zu den beiden anderen Trigger-Anschlüssen wird er positiv getriggert, also mit Spannungen oberhalb von 2/3 der Betriebsspannung. Er ist der positive Reset-Eingang.
Pin 2 triggert wie beim Flipflop, Pin 6 überwacht die Ladespannung des Kondensators. Überschreitet sie die Schaltschwelle von 2/3, setzt Pin 6 das Monoflop zurück.
Das allein würde aber noch nicht ausreichen, der Kondensator muss in der Negativphase auch entladen werden, sonst klappt es mit dem nächsten Triggern nicht. Hier kommt Pin 7 ins Spiel, der nichts weiter ist als der offene Kollektor-Anschluss eines internen NPN-Transistors. Dieser sperrt, wenn Pin 3 positiv ist, und leitet, wenn Pin 3 negativ ist.
Das bedeutet, dass bei ungesetztem Monoflop der Kondensator nicht aufladen kann, denn über Pin 7 ist er kurzgeschlossen. Erst wenn das Monoflop gesetzt wird, sperrt der Entladeanschluss und der Kondensator kann über den Ladewiderstand aufgeladen werden.
Die Verweilzeit dieses Monoflops berechnet Sie nach der Formel: t = 1,1 ⋅ C ⋅ R.
Normalerweise ist dieses Monoflop nicht nachtriggerbar. Während der Verweilzeit können an Pin 2 beliebig viele negative Impulse ankommen, das Monoflop schert sich darum nicht. Es bleibt so lange gesetzt, bis Pin 6 registriert, dass der Kondensator seine 2/3 Ladespannung erreicht hat oder an Pin 4 ein Reset-Impuls ankommt.
Es gibt aber einen Trick, um die Verweilzeit dennoch immer wieder neu anlaufen zu lassen, wenn Pin 2 getriggert wird. Sie müssen nur dafür sorgen, dass der Kondensator bei jedem Triggern entladen wird! Dafür gibt es aber leider keine interne Möglichkeit, hier müssen Sie sich mit einem extern dazu geschalteten NPN-Transistor behelfen.
Der Startimpuls muss in dieser Schaltung positiv sein, weil er von T1 invertiert wird!
Man kann den NE 555 auch sich selbst überlassen, damit er ständig hin und her schaltet.
Wird statt der direkten Verbindung des Monoflops zwischen den Pins 6 und 7 ein Widerstand geschaltet, sorgt der dafür, dass sich der Kondensator nicht schlagartig entlädt, wenn Pin 6 den Befehl zum Rücksetzen gibt, sondern langsam.
Die beiden gegensätzlichen Detektoren Pin 2 und Pin 6 liegen gemeinsam direkt an der Anode des Kondensators. Wenn sich der Kondensator entlädt, unterschreitet er irgendwann die für Pin 2 kritische Grenze von 1/3 der Betriebsspannung, was Pin 2 veranlasst, das interne Flipflop zu setzen. Damit sperrt der Transistor hinter Pin 7, so dass sich der Kondensator wieder aufladen kann, allerdings nur bis zu 2/3 der Betriebsspannung. Dann schaltet Pin 6 wieder auf Reset und der Zyklus geht aufs Neue los.
R2 wird in dieser Formel doppelt berücksichtigt. Das liegt daran, dass dieser Widerstand sowohl am Ladevorgang als auch am Entladevorgang beteiligt ist, während R1 nur beim Laden eine Rolle spielt.
Daraus folgt, dass die Schwingung nicht symmetrisch ist, die Ladezeit, also Ausgang positiv, dauert länger als die Entladezeit, während der der Ausgang negativ ist. Kommt es Ihnen auf eine symmetrische Schwingung an, können Sie diese sehr einfach dadurch erzeugen, dass Sie beide Widerstände gleich groß wählen, aber R2 in Laderichtung mit einer Diode überbrücken (Bild oben rechts). Damit sind beide Teile des Zyklus nur von je einem der beiden Widerstände abhängig. Mit der Diode schaffen Sie es auch, die Ladezeit kürzer als die Entladezeit einzustellen, was ohne diesen Kunstgriff nicht möglich wäre.
Mit »Logik-Gatter« bezeichnen Elektroniker eine Schaltung, die nach den Logik-Gesetzen der Informatik funktioniert. Logik-Gatter werden in Schaltplänen als ein Bauteil betrachtet und mit dem Kennbuchstaben N bezeichnet. Zur Darstellung von Logikgattern in Schaltplänen kommen Blocksymbole zum Einsatz, mit denen sich das Zusammenwirken logischer Gatter einfacher und verständlicher darstellen lässt. Bei der Durchnummerierung geht man allerdings nicht wie bei diskreten Bauteilen von links oben nach rechts unten vor, sondern fasst in einem Gehäuse befindliche Gatter in einem Nummernkreis zusammen. N1 bis N4 sind dann zum Beispiel vier UND-Schaltungen im Gehäuse von IC1, N5 bis N8 vier NOR-Schaltungen in IC2 usw.
Leider hat es bei den Blocksymbolen mit der internationalen Normung wieder mal nicht geklappt, sodass Sie in Schaltplänen aus Übersee (und die meisten Typenblätter werden einfach von den hiesigen Vertreibern im Original übernommen) auf unterschiedliche Symbole treffen. Verschärft wird das Problem noch durch eine neue, angeblich internationale Norm mit der Bezeichnung IEC, die sich aber gegenüber der alten DIN-Fassung nie so richtig durchsetzen konnte. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Während die alten Symbole wirklich durch ihr Symbol, also ihre grafische Darstellung, zu unterscheiden sind, muss man zum Begreifen der einheitlich rechteckigen IEC-Symbole erst mal den Inhalt lesen und daraus die Funktion ableiten. Sicher, die Bedeutung der IEC-Symbole erschließt sich auch Nichtfachleuten durch Interpretation der mathematischen Symbole in den Kästchen, während die alten Symbole erst gelernt werden müssen. Doch lesen solche Symbole in der Regel Fachleute, denen auch zu lernende unterschiedliche Symbole nach kurzer Zeit eingängiger sind als optisch schwerer zu unterscheidende. Eine kurze Nachfrage bei Visualisierungsfachleuten hätte der Experten-Kommission, die die neuen Symbole verbrochen hat, sicher schnell vor Augen geführt (sic!), dass sich diese Pseudo-Symbole nie so recht durchsetzen werden. (Mir liegt ein Buch vor, in dem vorn auf 17 Seiten die Vorteile der IEC-Symbole erläutert werden, doch erstaunlicher Weise tauchen im Rest des Buches fast durchgängig US-Symbole auf!)
Als hierzulande gebräuchlich kann man immer noch die alten DIN-Symbole ansehen, leichter zu erkennen sind sie auch.
Allen Varianten ist gemeinsam, dass ein kleiner Kreis für eine Invertierung des Schaltzustandes sorgt. Diese Ergänzung kann sowohl am Eingang als auch am Ausgang des eigentlichen Symbols stehen.
In den Siebziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Mengenlehre als Einstieg in die Grundschulmathematik benutzt. Ein sehr untaugliches Vorhaben, das dann auch schnell wieder aufgegeben wurde. Seither haftet der Mengenlehre und der mit ihr eng verbundenen Booleschen Algebra ein Ruf der Unseriosität an, den beide nicht verdient haben.
Für das Verständnis des Zusammenwirkens von Logikschaltungen ist die Boolesche Algebra unverzichtbar. Selbst Weichenstraßen lassen sich mit Booles Hilfe in mathematische Formeln fassen!
Das Stichwort Weichenstraßen gibt schon den konkreten Hinweis: Schaltalgebra beschäftigt sich mit Netzwerken von Schaltern. In dem Augenblick, da bestimmte Bedingungen in einem Netzwerk mehrfach, aber an unterschiedlichen Stellen auftreten, hilft die Schaltalgebra, dieses Netzwerk zu vereinfachen. Ich möchte Sie hier aber gar nicht mit allen Details dieser Wissenschaft langweilen, nur die wichtigsten Regeln erläutern, die Ihnen beim Entwurf einer Logikschaltung weiterhelfen können.
In der Booleschen Algebra erhält die UND-Verknüpfung das Rechenzeichen ·. Das sieht wie ein Multiplikationszeichen aus und hat auch eine gewisse Verwandtschaft in seinen operativen Auswirkungen. Wenn wir uns mit dieser Verknüpfung eine Wahrheitstabelle anlegen, wird die Ähnlichkeit zur Multiplikation deutlich.
Der Inverter hat eine ganz simple Wahrheitstabelle, denn er hat nur einen Eingang, dessen Signal immer dem Eingangssignal entgegengesetzt ist.
Das Hintereinanderschalten von UND und Inverter ergibt nun wiederum eine (interne) UND-Verknüpfung, das Ergebnis ist das invertierte UND = NAND.
In jeder Ergebnis-Zelle der UND-Tabelle wird durch den nachgeschalteten Inverter das Ergebnis in sein Gegenteil verkehrt.
Das Pendant zur UND-Verknüpfung ist ODER (OR), das sich ebenfalls durch einen nachgeschalteten Inverter ins NOR umwandeln lässt
Diese Kombination funktioniert auch in der Gegenrichtung: Ein NAND-Gatter mit nachgeschaltetem Inverter wird wieder zum UND-Gatter, ein NOR-Gatter mit nachgeschaltetem Inverter zu ODER.
Der praktische Nutzen der Schaltalgebra erschließt sich, wenn man weiß, dass Logikgatter meist »sortenrein« zu viert in einem 14-Pin-IC auftreten. Brauchte man für eine Schaltung zwei verschiedene Gatter, müsste man zwei IC mit je drei ungenutzten Gattern verwenden. Mit Hilfe der Schaltalgebra können Sie aus überzähligen Gattern eines Chips andere Gatter emulieren und so eine Vielzahl von Chips durch einige wenige ablösen.
Da jede NAND- und NOR-Schaltung bereits intern einen Inverter enthält, funktioniert ein simpler Kurzschluss der beiden Eingänge NOR- oder NAND-Gatter zum einfachen Inverter um! Wenn Sie also z.B. für eine Schaltung ein NAND- und ein UND-Gatter benötigen, müssen Sie dazu keine zwei Chips vorsehen, es reicht ein Chip mit vier NAND-Gattern; eines davon setzen Sie auch direkt als solches ein, für das benötigte UND-Gatter nehmen Sie ein weiteres NAND-Gatter, dessen Ausgangssignal Sie an beide Eingänge eines dritten NAND-Gatters führen und so am Ausgang des dritten Gatters die UND-Information erhalten.
Das ist doch schon mal eine Erleichterung – und alles dank logischer Berechnung. Aber es kommt noch besser. Dazu müssen wir allerdings ein wenig tiefer in die Verknüpfungslehre der Booleschen Algebra einsteigen.
In der Logik gibt es aber keinen Wert, der größer als 1 ist, denn 1 steht für WAHR, und wahrer als wahr geht nun mal nicht. Wenn beide Eingänge einer ODER-Verknüpfung wahr sind, ist eben auch der Ausgang wahr; in die Boolesche Algebra übertragen heißt das 1+1=1.
Verwirrend, aber logisch, wenn man die Hintergründe erst mal kennt.
Umgangssprachlich gehen wir mit dem Wort »oder« recht schlampig um, denn es kann dabei zwei grundverschiedene Bedeutungen haben. Betrachten Sie bitte folgende Aussagen:
1: »Ich werde losgehen, wenn ich den Zug höre oder sehe.«
2: »Der Zug fährt von Gleis 2 oder von Gleis 5 ab.«
In beiden Aussagen kommt das Wort »oder« vor, doch in unterschiedlicher Bedeutung. In der ersten habe ich die Möglichkeit, den Zug zuerst zu hören oder ihn zuerst zu sehen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass ich ihn zugleich höre und sehe. In allen drei Fällen werde ich losgehen. Auf die Schaltalgebra übertragen heißt das, die Bedingung des ODER-Gatters ist erfüllt, wenn der Zug zu sehen ist oder zu hören ist oder beides gleichzeitig.
In der zweiten Aussage dagegen markiert das »oder« eine zwingende Alternative. Der Zug kann nur von einem der beiden Gleise abfahren.
Eine Eingangsinformation, die beide Gleise als WAHR kennzeichnet, kann nur UNWAHR sein! Wir haben es hier mit einem exklusiven ODER zu tun, auch als EXOR bezeichnet, invertiert EXNOR.
In der Booleschen Algebra muss man gelegentlich umdenken, und nun kommt es ganz abstrus, dennoch nützlich für Elektronik-Basteleien mit Logik-Gattern.
In der Schule haben wir alle es im Mathe-Unterricht gelernt: »Punktrechnung kommt vor Strichrechnung!« Multiplikation und Division sind Addition und Subtraktion übergeordnet. In der Booleschen Algebra dagegen herrscht Gleichberechtigung. Es ist egal, ob Sie in einer komplexen Formel erst die UND- und dann die ODER-Verknüpfungen lösen oder umgekehrt oder wild durcheinander. Die Klammer in der Formel A + (B · C) lässt sich in (A+B) · (A+C) auflösen, ebenso wie aus A · (B + C) ein (A · B) + (B · C) wird.
An dieser Stelle muss noch eine Definition eingeführt werden: Invertierte Werte werden durch einen Apostroph oder Überstrich gekennzeichnet. (Da Überstrich in Webseiten nicht funktioniert, hier also Apostroph.)
A’ ist ein invertiertes A. Die Formel (A · B)’ steht für eine NAND-Verknüpfung.
Nehmen wir nun einmal folgenden, nicht unbedingt seltenen Fall an: Sie benötigen in einer Schaltung ein einziges UND-Gatter. An anderer Stelle der selben Schaltung haben Sie von den vier NOR-Gattern eines anderen Chips ebenfalls nur einen im Einsatz. Damit hätten Sie beide IC mit 75% Schwund auf der Platine. Das muss nicht sein, und die Boolesche Algebra hilft auch hier.
Es gibt da nämlich eine wundersame Regel, die besagt, dass in einem Term alle Elemente negiert werden können, wenn zugleich der gesamte Term negiert und die Verknüpfung ausgetauscht werden. Als Formel ausgedrückt heißt das
A · B = (A’ + B’)’
Setzen wir die Formel in eine Schaltung um, so lassen sich alle benötigten Funktionen ausschließlich durch NOR-Gatter realisieren. Ein NOR-Gatter benötigen wir für die schon erwähnte eigentliche NOR-Verknüpfung. Zwei weitere missbrauchen wir als Inverter für die Eingänge der UND-Funktion, deren Ausgangssignale leiten wir zu den Eingängen des noch verbliebenen vierten NOR-Gatters – fertig! Ein IC voll ausgelastet, zweiter IC wird nicht benötigt.
Diese Formel lässt sich nun – wie aus der herkömmlichen Algebra gewohnt, nochmals komplett invertieren („mit ‑1 malnehmen“), wobei sich auf der rechten Seite der Gleichung die beiden Invertierungen aufheben. Wir erhalten damit
(A · B)’ = A’ + B’
Ein NAND-Gatter ersetzt also die ODER-Funktion für zwei invertierte Eingangssignale.
Auch umgekehrt funktioniert das Ganze:
A + B = (A’ · B’)’
(A + B)’ = A’ · B’
Mit diesem Wissen wird Ihnen nun sicher auch so manche auf den ersten Blick irritierende Gatter-Kombination in irgend welchen Schaltungsvorlagen klar. In solchen Fällen wurde der Ökonomie der Vorzug vor der 1:1‑Umsetzung von Logik-Funktionen gegeben.
Damit lassen sich auch Abläufe in Weichenstraßen hervorragend erfassen und schaltungstechnisch umsetzen wie in diesem simplen Beispiel:
Ein solcher Gleisabschnitt dürfte in dieser oder ähnlicher Form auf diversen Modellbahnanlagen existieren. Ein Nebenbahngleis mündet in die doppelgleisige Hauptstrecke. [Die Bezeichnungen der Gleise und Weichen stimmen nicht mit der EBO überein, aber dafür lassen sie sich leichter in eine algebraische Formel übernehmen.]
Wer die Betriebssicherheit wichtig nimmt, wird dafür sorgen, dass ein Zug nur unter ganz bestimmten Bedingungen von Gleis A der Nebenbahn auf Gleis C der Hauptbahn kann: Weder auf Gleis B noch auf Gleis C darf Verkehr herrschen.
Diese Bedingung auf Logik umgesetzt ergibt: Das Signal Q darf nur dann Freie Fahrt zeigen, wenn auf Gleis B kein Verkehr herrscht UND auf Gleis C ebenfalls kein Verkehr herrscht. Kurz: Q ist WAHR, wenn NICHT B UND NICHT C.
Oder als Formel: Q = B’ · C’
Wir benötigen also zur Realisierung dieser Bedingung zwei Inverter und ein UND-Gatter. So etwas hatten wir schon:
B’ · C’ = (B + C)’
Diese Bedingung lässt sich also einfach mit einem NOR-Gatter erfassen. Und damit ist auch der empirische Beweis für die Richtigkeit der Formel erbracht. Q ist NICHT WAHR, wenn B oder C; langtextlich: Das Signal Q darf NICHT Freie Fahrt zeigen, wenn auf Gleis B ODER auf Gleis C Betrieb ist.