Magnetismus und Elektromagnetismus
In enger Beziehung zur Elektrizität, zum Stromfluss und zum elektrischen Feld stehen der Magnetismus, der magnetische Fluss und das Magnetfeld. Für uns Menschen ist Magnetismus noch schlechter vorstellbar als Elektrizität, denn ihn nehmen wir überhaupt nicht wahr, während man elektrische Felder wenigstens durch sich aufstellende Haare bemerken oder auch mal beim unvorsichtigen Hantieren mit höherer Spannung »eine gewischt« bekommen kann. Magnetismus dagegen bleibt uns auch dann verborgen, wenn wir uns innerhalb eines sehr starken Magnetfeldes befinden; denken Sie nur an die Magnetresonanztomographie (MRT), gemeinhin auch Kernspintomographie genannt. Da liegt man in einer gigantischen Spule, hört heftige Geräusche, der Körper wird von starken Magnetfeldern »durchleuchtet«, aber außer einem unguten Gefühl ob der Enge spürt man nichts. Magnetismus können wir nur aus zweiter Hand erfahren, durch seine Wirkung auf bestimmte, geeignete Materialien.
Mit Magneten kennen wir uns aus. Der Effekt, dass so ein besonderes Stück Metall andere Metalle anziehen kann, hat uns schon als Kinder fasziniert. Noch interessanter ist der Effekt der Kompassnadel, die sich immer in Nord-Süd-Richtung ausrichtet und bei der Orientierung unverzichtbare Dienste leistet. Gerade der Kompass zeigt, dass wir ständig von magnetischen Feldern umgeben sind, denn nur deshalb richtet sich die Nadel aus. Das Magnetfeld der Nadel passt sich dem erdumspannenden Magnetfeld an.
Eine weitere Absonderlichkeit des Magnetismus ist die Eigenschaft, dass sich immer die entgegengesetzten Pole anziehen, während sich gleich orientierte Pole abstoßen. Analog zum Globus werden deshalb die beiden Enden der Kompassnadel wie auch aller anderen Magneten mit Nordpol und Südpol bezeichnet. Üblicherweise benutzt man bei der farbigen Darstellung von Magneten die Farben Rot für den Südpol und Blau für den Nordpol.
(Zu erwähnen ist hier, dass das zum Nordpol der Erde weisende Ende der Kompassnadel völlig irrig mit Nordpol bezeichnet wird, obwohl es doch der magnetisch entgegengesetzte Südpol ist. Aber auch das ist wieder so eine überkommene Konvention, an der wider besseres Wissen festgehalten wird.)
Bewegt man eine kleine Kompassnadel an einem Magneten entlang, kann man anhand deren Ausschlags ermitteln, wie das magnetische Feld außerhalb des Magneten zwischen Nord- und Südpol verläuft. Je nach Lage der Pole zueinander bilden sich unterschiedliche Formen des Feldlinienverlaufs heraus. Die Feldlinien umgeben den Magneten wie eine Hülle; das Magnetfeld ist ein dreidimensionales, in sich geschlossenes Gebilde, das mit zunehmendem Abstand vom Magneten immer schwächer wird. Innerhalb des Magneten setzt sich das Magnetfeld fort, hier folgen die Feldlinien der Form des Metallstücks, also geradlinig im Stabmagneten und gebogen im Hufeisenmagneten. An den Austrittsflächen des Magneten ist die Magnetkraft am stärksten. Ein Magnetfeld besitzt folglich keinen Anfang und kein Ende, der magnetische Fluss verläuft in sich geschlossen. Für die Flussrichtung hat man eine Konvention getroffen: Es wird unterstellt, dass der magnetische Fluss außerhalb des Magneten von Nord nach Süd verläuft, innerhalb demzufolge von Süd nach Nord.
Die meisten Stoffe sind antimagnetisch, einige Metalle reagieren mehr oder weniger stark auf Magnetismus, am stärksten reagiert Eisen. Deshalb verwendet die Fachsprache auch den Begriff Ferromagnetismus. Eisen in gehärteter Form und als Oxid lässt sich dauerhaft – oder doch zumindest lang anhaltend – magnetisieren, ebenso besonders präparierte Oxide einiger anderer Metalle wie zum Beispiel Chromdioxid; die Speicherung auf Magnetbändern und ‑platten (Disketten, Festplatten) basiert auf dieser Eigenschaft. Weicheisen lässt sich ebenfalls magnetisch aufladen, verliert jedoch diese Ladung nach einer gewissen Zeit wieder.
Die Eigenschaft, dass ein Magnet ferromagnetisches Metall anzieht, können wir im Modellbaubereich auf vielfältige, zum Teil subtile Weise ausnutzen. Da wäre zum Beispiel das car system von Faller zu nennen, dessen Lenkung realisiert wurde, indem sehr kleine Permanentmagneten der Spur eines in den Straßenbelag verlegten Stahldrahtes folgen und über eine Parallelogramm-Mechanik die Radlenker bewegen.
Die klassischen Materialien für Dauermagnete sind Eisen, Nickel und Kobalt. Sie galten lange Zeit in verschiedenen Legierungen als beste Magnete. Seit der Erfindung der Neodym-Magnete (korrekt: Neodym-Eisen-Bor-Magnete) sind deren magnetische Eigenschaften aber vergleichsweise gering. Ingenieurmäßig könnte man hier über Feldstärken und Flussdichten mit ihren sehr komplexen Vektorformeln fabulieren, doch für uns an der Modellbahn Interessierte reicht die Erkenntnis, dass Neodym-Magnete bei gleicher Größe das zigfache stärker sind als eiserne.
Das macht es für uns leichter, mit Magnetismus zu steuern, denn platzsparende Bauteile sind Modellbahners Freund.
In enger Beziehung zur Elektrizität, zum Stromfluss und zum elektrischen Feld stehen der Magnetismus, der magnetische Fluss und das Magnetfeld.
Elektrisch erzeugte Magnetfelder begegnen uns in der Modellbahnpraxis ständig: Motoren, Weichenantriebe, Relais, sie alle sind ohne Elektromagnetismus nicht möglich. Dabei steuern wir magnetische Artikel mit elektrischem Strom.
Ein Stromfluss erzeugt ein Magnetfeld, das den Leiter umgibt. Interessant wird es, wenn wir mit dem Leiter eine Wendel formen. Dann baut sich in dieser Spule und um sie herum ein Magnetfeld wie in einem Stabmagneten auf. Damit besitzen wir einen Magneten, den wir beliebig an- und abschalten können, was beim Permanentmagneten nicht möglich ist.
Auch ein Vertauschen der magnetischen Pole ist mit ihr möglich, indem wir einfach den Stromfluss umpolen.
Die Richtung des Magnetfeldes um den stromdurchflossenen Draht lässt sich mit der »Rechte-Faust-Regel« leicht merken: Umfasst man mit der Faust einen stromführenden Leiter so, dass der Daumen zum positiven Anschluss weist, zeigen die den Leiter umschließenden Finger die Richtung des magnetischen Feldes an.
Dank der elektromagnetischen Fähigkeiten einer Spule ist es leicht, mechanische Arbeiten auch auf Distanz verrichten zu lassen. Wir müssen am Stellpult nur einen Schalter betätigen, schon wird an der diesem Schalter zugeordneten Einrichtung auf der Modellbahnanlage eine mechanische Wirkung erzielt.
Ein Elektromagnet ist natürlich auch in der Lage, ferromagnetische Teile anzuziehen, ganz so wie ein Permanentmagnet. Auf der Modellbahnanlage begegnet er uns in dieser Form häufig als Magnetkran. Am Kranhaken hängt eine Spule, die wie die Seilzüge und der Drehmotor des Krans fernbedient wird.
Die Stärke des Magnetfeldes ist direkt abhängig von der Stromstärke: je stärker der Stromfluss, desto stärker das Magnetfeld. Da es sich bei den Spulen aber um elektrische Leitungen handelt, kann der Stromfluss nicht beliebig verstärkt werden. Irgendwann wird ein Grenzwert überschritten, bei dem die durch den Widerstand der Spule in Wärme umgesetzte Energie zu groß wird und die Spule durchbrennt – ein in Modellbahnerkreisen befürchteter Vorgang im Zusammenhang mit hängenden Weichenantrieben.
Ein zweiter Einflussfaktor ist die Anzahl der Spulenwindungen, und es gibt noch eine weitere Möglichkeit, das Magnetfeld zu verstärken. Ein Kern aus ferromagnetischem Material in der Spule verstärkt das Magnetfeld erheblich, ohne dass mehr Strom durch die Spule fließen muss. Deshalb finden wir bei elektromagnetischen Anwendungen selten Luftspulen vor. Der Kern hat noch eine weitere Eigenschaft, denn wenn er über die Spule hinausragt, bündelt er die Feldlinien und sie treten erst an den Enden des Kerns aus. Der Kern ist auch in der Lage, Feldlinien umzuformen, wenn er nicht geradlinig aufgebaut ist, zum Beispiel mit einem U‑förmigen Kern. Das Magnetfeld dieser Spule ist asymmetrisch, denn die Feldlinien auf der Seite der Kernflanken werden vom Kern in diese Richtung gezogen, während die Feldlinien in der Spule geradlinig verlaufen.
Wenn ein Stromfluss einen magnetischen Fluss auslösen kann, liegt die Vermutung nahe, dass das auch umgekehrt funktioniert, denn irgendwann haben wir im Physikunterricht mal was vom Energieerhaltungssatz gehört.
Und richtig: Die Umwandlung elektrischer Energie in magnetische ist umkehrbar.
Wird ein Draht senkrecht zur Richtung eines Magnetfeldes bewegt, wird dem Draht ein elektrischer Strom induziert. Dieser Effekt wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Michael Faraday entdeckt und ist bis heute die Grundlage industrieller Erzeugung von elektrischer Energie.
Da Induktion immer nur dann auftritt, wenn sich Magnetfeld und elektrischer Leiter relativ zueinander verändern, ist die Induktion geeignet, Bewegungsenergie in elektrische Energie umzuwandeln. Jeder Generator – vom Fahrraddynamo bis zur Turbine im Kraftwerk – arbeitet nach demselben Prinzip: Die Kreisbewegung erzeugt elektrischen Strom.
Der Aufbau eines Generators ist quasi identisch mit dem eines Motors; wenn Sie einen Motor von Hand drehen, erzeugt er ebenfalls einen Stromfluss.
Das Wort »Veränderung« ist im Zusammenhang mit der Induktion sehr wichtig, denn es umfasst mehr als nur die Änderung der Lage oder Stärke des externen Magnetfeldes. Was passiert, wenn der Stromfluss unterbrochen wird? Das Magnetfeld bricht zusammen – auch damit verändert sich ein den Leiter umgebendes Magnetfeld und es kommt zur Induktion!
Eine Spule kann Energie in Form eines magnetischen Feldes speichern, das sich entlädt, sobald der Stromfluss unterbrochen ist. Ändert sich die Stromstärke, passt sich auch das Magnetfeld diesen neuen Gegebenheiten an.
Jeder Leiter unterliegt dieser Rückkopplung des magnetischen Feldes. Im Normalbetrieb kann so etwas vernachlässigt werden, die Selbstinduktion eines einfachen stromführenden Kabels ist minimal, doch wenn es sich um eine Spule handelt, gewinnt dieser Effekt schon an Bedeutung. Die Spule ist ja dazu geschaffen, ein starkes Magnetfeld aufzubauen.
Wird der Stromfluss unterbrochen, induziert das zusammenbrechende Magnetfeld einen entgegengesetzten, durchaus nennenswerten Stromfluss. Elektrische Selbstinduktion ist mit der mechanischen Trägheit zu vergleichen, deshalb kann eine Spule für einen Stromfluss wirken wie ein Schwungrad für einen Motor. Die Selbstinduktion einer Spule, Induktivität genannt und mit dem Formelbuchstaben L bezeichnet, wird in Henry [H] gemessen.
Trotz ihrer geringen Messwerte kann die Induktion unerwünschte Effekte herbeiführen: Vielleicht wird die Spule ja durch eine elektronische Schaltung gesteuert. Wenn an deren Ausgang plötzlich eine falsch gepolte Spannung induziert wird, kann so eine Induktionsspannung unerwünschte andere Schaltvorgänge auslösen. Das wäre aber noch die harmloseste Wirkung. Per Selbstinduktion einer angeschlossenen Spule zerschossene Endstufentransistoren sind schon ärgerlicher.
Wir müssen also Vorkehrungen treffen, mit denen wir die Selbstinduktion entschärfen.
Das simpelste Mittel ist, den Induktionsstrom in eine kurzgeschlossene Schleife zu schicken, wo er sich totlaufen kann. Da ein Kurzschluss aber für den Betrieb eines elektrischen Gerätes wenig brauchbar ist, muss er sich auf den induzierten Strom beschränken. Dabei kommt uns zu Hilfe, dass die induzierte Spannung der zusammenbrechenden Spannung entgegengesetzt ist. Eine zur Spule parallel, aber in Sperrrichtung geschaltete Diode kann den Induktionsstrom auffangen.
Im Betrieb kann kein Strom durch die Diode fließen, also wählt er den Weg über die Spule und verrichtet dort die gewünschte Arbeit. Beim Abschalten induziert die Spule einen Strom in Gegenrichtung, der aber durch die in dieser Richtung nicht sperrende Diode fließen kann und keinen Schaden anrichtet. In dieser Funktion verwendete Dioden werden von der Fachwelt auch als Löschdioden, Freilauf- oder Leerlaufdioden bezeichnet, was ihren Einsatz bildlich gut umschreibt. Als Löschdiode kommt jede beliebige Diode in Frage, die die Betriebsspannung und den Stromfluss durch die Spule verkraftet.
Die Induktivität ist weder vom Strom noch von der Spannung abhängig, sondern ergibt sich allein aus dem Spulenaufbau (Durchmesser, Länge, Windungszahl) und den magnetischen Eigenschaften ihres Kernes.
Die Induktion dagegen ist die Wirkung der Induktivität, sie wird in Tesla [T] gemessen und kennzeichnet die Stärke des auf den Leiter einwirkenden Magnetfeldes. Die üblichen Magnetfelder sind sehr schwach, zum Beispiel beträgt das Magnetfeld der Erde lediglich ca. 10 µT, die Magnetfelder elektrischer Haushaltsgeräte liegen noch zwei Zehnerpotenzen darunter.